Neue Wirkstoffe sind bei Darmkrebs nur die halbe Miete. Forscher haben jetzt gezeigt, wie sich drei unterschiedliche therapeutische Strategien in einem System kombinieren lassen. Die lokale Applikation bringt weitere Vorteile.
Kolonkarzinome zählen zu den häufigsten Krebsformen in Europa und in den USA. Ärzte versuchen im besten Fall, den Tumor offen oder laparoskopisch zu entfernen. Als adjuvante, systemische Therapien haben sich beispielsweise 5-Fluorouracil/Folinsäure/Oxaliplatin oder Capecitabin/Oxaliplatin bewährt. Trotzdem kommt es häufig zu Rezidiven. Forscher versuchen, nach Möglichkeit Tools zu minimieren und Arzneistoffe lokal zu applizieren.
Metin Sitti hat am Max-Planck-Institut für Intelligente Systeme, Stuttgart, ein magnetisch angetriebenes Endoskop mit weicher Kapsel (Magnetically Actuated Soft Capsule Endoscope) entwickelt. MASCe, so das Akronym, besteht aus zwei Steuermagneten und einer Kammer für Arzneistoffe. „Wir stellen uns vor, dass Ärzte damit künftig im Magen oder im Darm gezielt geringe Mengen an Medikamenten dosieren – etwa bei Entzündungen oder einzelnen Tumoren“, sagt Sitti. Je nach Bauart lässt sich die Kapsel durch ein externes Magnetfeld sogar zur Scheibe deformieren und bleibt mehrere Tage im Magen. Sind kleine Greifer, sogenannte Microgripper, an Bord, nimmt MASCe sogar Gewebeproben.
Forscher am Massachusetts Institute of Technology (MIT) treiben die Miniaturisierung weiter vor und präsentieren ein kleines Hydrogel-Patch. Natalie Artzi hat ihre Studie zwar nur in einem Mausmodell für Darmkrebs durchgeführt. Sie hält ihre Resultate generell auf Menschen übertragbar. Ihr Pflaster enthält Nanostäbchen aus elementarem Gold. Ältere Studien hatten gezeigt, dass Goldpartikel bei systemischer Gabe nur zu wenigen Prozent im Tumor landen. Diese Schwierigkeit umgeht Artzi durch die lokale Applikation. Unter Infrarotstrahlung heizt sich das Edelmetall im neuen Patch auf; es kommt zur thermischen Ablation des Tumors. Gleichzeitig lässt sich über Hitze die Freisetzung von Chemotherapeutika und small interfering RNA (siRNA) gegen das für KRAS kodierende Gen steuern.
Artzi sieht als Vorteil, dass sich systemische Nebenwirkungen vermeiden lassen, lokal aber höhere Dosen möglich sind. Sie hält neoadjuvante Therapien vor der geplanten OP, aber auch adjuvante und palliative Anwendungen für möglich. Ihr Patch lässt sich entweder vor oder nach dem Eingriff per Endoskop platzieren. Jetzt folgen Studien in größeren Tiermodellen.