Für die Therapie des Tennisellenbogens steht förmlich ein ganzer Bauchladen an konservativen und operativen Methoden zur Verfügung. Welche Behandlung ist die richtige? Die Wahl fällt Ärzten schwer. Grund dafür: Eine Leitlinie fehlt bislang, die Studienlage ist dünn und diffus.
Die wenigsten Patienten haben ihren Tennisarm vom Tennis. Jegliche Aktivität, bei der die Hände über lange Zeit mit repetitiven Bewegungen verwendet werden, kann die Tendinose verursachen. Daher sind auch häufig Nicht-Sportler wie Musiker oder Büroarbeiter betroffen. Der Tennisarm wird deshalb heute landläufig zunehmend auch als Mausarm bezeichnet. Knapp 90 % der Patienten lassen sich erfolgreich mit konservativen Methoden behandeln. In diese Kategorie fallen eine Reihe an Behandlungsoptionen. Welche dieser Maßnahmen führen am häufigsten zu einem Therapieerfolg? Das lässt sich nicht so einfach sagen, denn ein einheitliches Therapieverfahren gibt es nicht. Es folgen unterschiedliche Methoden und die wissenschaftliche Datenlage zu deren Effizienz im Vergleich.
Korrekterweise ist ein Tennisarm eigentlich einen Tennisellenbogen. Dieser führt zu einem charakteristischen Druckschmerz des Sehnenansatzes an der Außenseite des Ellenbogens. Anders als beim Begriff laterale Epicondylitis zu vermuten ist, handelt es sich beim Tennisellenbogen weniger um eine entzündliche, sondern eher um eine degenerative Erkrankung, wobei die Pathophysiologie immer noch nicht vollständig aufgeklärt ist. Die Prävalenz des Tennisellenbogens wird mit bis zu 6 % jährlich beschrieben, meist betrifft er Patienten im mittleren Lebensalter. Die Krankheit hat einen selbstlimitierenden Verlauf zwischen 12–18 Monaten. Bei 4–11 % der Patienten sind die Symptome persistent und therapierefraktär, so dass eine Operation erforderlich werden kann. Meist ist eine stetige oder plötzliche Fehlbelastung bzw. Überlastung die Ursache: Sehnen sind bei allmählich zunehmender Spannung gut dehnbar. Wenn diese Belastung die Dehnbarkeit der Sehne jedoch übersteigt, kann ein Mikroriss auftreten. Wiederkehrende Mikroläsionen stören die Heilung und setzen unzureichende Reparaturmechanismen in Gang, die in degenerative Veränderungen und Hyperplasie der Sehne münden können. Neben der Anamnese liefern Funktionstests meistens klare diagnostische Hinweise. Häufig eingesetzt werden der Cozen-Test, bei dem das Handgelenk gegen einen Widerstand gestreckt wird, und der Maudsley-Test, bei dem der Mittelfinger gegen einen Widerstand gestreckt wird.
Dr. Marco M. Schneider von der Arcus Sportklinik in Pforzheim und sein Team weisen darauf hin, dass „die Halswirbelsäule als Auslöser ausstrahlender Ellenbogenschmerzen nicht vernachlässigt werden soll. Umgekehrt können aber auch primäre Pathologien des Ellenbogengelenks und seiner benachbarten Strukturen zu Funktionsstörungen dieser Region führen.“ Bei einem eindeutigen Befund ist eine Bildgebung nicht notwendig, sie kann aber bei chronischen Verläufen und Begleiterkrankungen wie z. B. Arthrose diagnostische Hinweise liefern. Schneider und Kollegen meinen dazu: „Die Indikation zur weiterführenden Diagnostik wird häufig zu kritisch und zu spät gestellt. Bei fehlender Besserungstendenz unter konservativen Maßnahmen sollte die MRT rechtzeitig initiiert werden, um den Patienten Wartezeiten und damit verbundene Behandlungsverzögerungen zu ersparen.“ Zuweilen zeigen sich dabei z. B. Schäden der Extensorensehne, Seitenbandverletzungen, Knorpelschäden oder Arthritiden.
Während sich eine eindeutige Diagnose in den meisten Fällen klinisch durch Anamnese und Funktionstests stellen lässt, herrscht bei den vielfältigen Therapieoptionen weniger Klarheit. Allgemein anerkannt ist, dass zunächst eine konservative Therapie angewendet werden soll. Dazu zählen beispielsweise Ultraschall, Sonophorese, Lasertherapie, Stoßwellentherapie, Radiotherapie, Akupunktur, Mobilisation, Manipulation und Querfriktion. Einheitliche Kriterien zur Durchführung, Behandlungsdauer und der Erfassung des Therapieerfolgs fehlen jedoch. Dadurch ist die Datenlage aus klinischen Studien zum Teil widersprüchlich und schwer zu erfassen. Dem behandelnden Arzt bleibt also die Qual der Wahl: Laut Schneider finden sich „für fast jedes Therapieverfahren einzelne Publikationen, die den Wert der beschriebenen und untersuchten Therapie belegen.“
Den Ergebnissen seines Reviews nach lässt sich aufgrund inhomogener Datenlage für die Lasertherapie keine klare Empfehlung aussprechen. Aktive Übungen zur Kräftigung und Dehnung sind hingegen allgemein anerkannt. Ihre Wirksamkeit lässt sich durch weitere physikalische und physiotherapeutische Therapien noch steigern. Die Effektivität der Stoßwellentherapie wurde längere Zeit in Frage gestellt, in einer neueren systematischen Übersichtsarbeit wurde jedoch ein Nutzen bei Erkrankungen der Sehnen und des Bewegungsapparates bestätigt. Eine temporäre Immobilisation lässt sich durch die wissenschaftliche Literatur laut Schneider nicht begründen, vielmehr besteht die Gefahr, dass zu viel Schonung zu einer fortschreitenden Schwächung der Sehnenstruktur führt und damit das Verletzungsrisiko weiter erhöht. Ebenso fehlen klare Belege für den Nutzen von Orthesen, obwohl sie häufig verwendet werden. Schneider und sein Team bevorzugen „neben manueller Therapie eine stabilisierende Ellenbogenbandage, wahlweise eine Epicondylitisspange, und eine Handgelenkmanschette. Letztere wird nur in der Nacht getragen und soll eine übermäßige Flexion bzw. Extension im Handgelenk während des Schlafs vermeiden und die Extensoren in Neutralposition des Handgelenks entspannen.“ Des Weiteren haben sie einen Leitfaden für Patienten mit Dehn- und Kräftigungsübungen entwickelt: Leitfaden für Eigenübungen bei Epikondylitis ©Arcus Sportklinik Pforzheim
Eine relativ neue Methode ist das „Dry Needling“, bei dem Akupunktur-Nadeln in Triggerpunkte gestochen werden, um verkrampfte Muskelfasern zu lösen. Neuere Ergebnisse sprechen für eine Effektivität dieser Methode, was jedoch noch durch weitere Studien zu belegen ist. Eine Behandlung aktiver Triggerpunkte ist auch durch eine Epikondylitis-Spange oder manuelle Techniken möglich. Früher wurden häufig Glukokortikoide injiziert, um laterale Epicondylitis zu behandeln. Während M. Cohen und G. da Rocha Motta Filho diese Methode 2012 noch als effektiv beschreiben, raten Scheider und sein Team generell von solchen Infiltrationen ab: „Da es sich beim Tennisellenbogen eher um einen gestörten Reparationsmechanismus durch Fehl- bzw. Überbelastung als um eine Entzündungsreaktion handelt, bietet Kortison als entzündungshemmendes Mittel keinen langfristigen Erfolg.“ Auch Botulinumtoxin wird wegen möglicher Komplikationen als nicht empfehlenswert beurteilt. Mit Thrombozyten angereichertes Plasma (platelet-rich plasma, PRP) wird durch Plasmapherese aus autologem Patientenvollblut hergestellt und soll lokal Wachstumsfaktoren für die Heilung bereitstellen. Es wird zunehmend mit guten Erfolgen für die Therapie des Tennisellenbogens verwendet, wobei bislang die Kosten durch die Patienten zu tragen sind. Auch Injektionen mit autologem Vollblut scheinen sich zu bewähren.
Bei fehlender Besserung der Symptome durch konservative Therapien und fortbestehenden Beschwerden über 6-9 Monate kann nach weiterführender Diagnostik eine Operation erwogen werden. Dafür stehen ebenfalls vielfältige Methoden zur Verfügung, bei denen meist durch Inzision der Sehne eine Entlastung des Muskels erreicht wird. Auch hier gibt es keinen Goldstandard, vielmehr hängt die Auswahl der Technik aus ca. 20 Optionen eher „von der Präferenz und den Erfahrungen des Operateurs ab“, so Schneider. Weiter stellt er fest: „Wir sehen in unserer Klinik leider immer wieder die Problematik, dass neben der Sehneninzision auch das Seitenband verletzt wird und so aus der einfachen Operation eine Instabilität resultiert. Aus diesem Grunde führen wir diese Inzision selten bis nie durch.“
Die eine effektive Therapie gibt es also nicht. Das merkt man vor allem auch daran, wie groß die Zahl an möglichen Behandlungsansätzen ist. Dabei ist auffällig, dass einige Therapien nicht den gängigen Standards der evidenzbasierten Medizin entsprechen. Da die laterale Epicondylitis eine sehr häufige Erkrankung ist und zahlreiche unterschiedliche Therapieansätze bestehen, hat die Deutsche Gesellschaft für Orthopädie und Orthopädische Chirurgie e. V. (DGOOC) bei der Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften e.V. (AWMF) eine neue Leitlinie angemeldet, um einen besseren Überblick zu verschaffen. Die Fertigstellung der Leitlinie ist für Ende 2018 avisiert.