Welche Faktoren der Staphylokokken zu einer Sepsis führen, war bislang unklar. Offenbar spielen Lipopeptide dabei eine entscheidende Rolle. Nur solche Staphylokokken, die zusätzliche Moleküle bilden, lösen eine Sepsis aus.
Blutvergiftungen, verursacht durch Infektionen des bakteriellen Erregers Staphylococcus aureus, sind Ursache für viele tausend Todesfälle. Wie die Blutvergiftung bei solchen Infektionen ausgelöst wird und zum lebensbedrohlichen Multiorganversagen führt, war bislang weitgehend ungeklärt. Auch sind die verfügbaren diagnostischen und therapeutischen Möglichkeiten derzeit sehr begrenzt.
Forscher des Interfakultären Instituts für Mikrobiologie und Infektionsmedizin der Universität Tübingen (IMIT) und des Deutschen Zentrums für Infektionsforschung (DZIF) um Dr. Dorothee Kretschmer, Dennis Hanzelmann und Professor Andreas Peschel haben nun eine der Ursachen für diesen schweren Krankheitsverlauf geklärt. Viele andere Erreger, sogenannte Gram-negative Bakterien, bilden Endotoxin-Moleküle, die Blutvergiftungen auslösen können. Da Staphylokokken jedoch kein Endotoxin besitzen, war bislang unklar, welche Faktoren der Staphylokokken zur Blutvergiftung führen. Wie das Forscherteam nun herausfand, spielen Lipopeptide eine entscheidende Rolle bei der Auslösung von Blutvergiftungen.
Die Wissenschaftler konnten zeigen, dass nur solche Staphylokokken schwere Blutvergiftungen auslösen, die zusätzliche Moleküle bilden, sogenannte PSM-Peptide, durch die Lipopeptide effizient freigesetzt werden. Häufig treten bei Patienten auch PSM-negative Staphylokokkenstämme auf ‒ diese setzen keine Lipopeptide mehr frei und lösen in experimentellen Infektionen kaum noch Blutvergiftungen aus. Durch die neuen Erkenntnisse könnte die Gefährlichkeit der von Patienten isolierten Staphylokokken-Stämme künftig sehr viel besser eingeordnet werden. Auch ermöglicht dies die Entwicklung neuer Therapien, die die Bildung von PSM und Lipopetiden verhindern und so schwere Fälle von Blutvergiftungen vermeiden könnten. Originalpublikation: Toll-like receptor 2 activation depends on lipopeptide shedding by bacterial surfactants Dennis Hanzelmann et al.; Nature Communications, doi: 10.1038/ncomms12304; 2016