Heute Hersteller A, morgen B und übermorgen C – das nervt nicht nur die Apotheker. Eine Umfrage zeigt: Gesetzlich Versicherte wären häufig bereit, ihrer Kasse den Rücken zu kehren, wenn sie so den Rabattverträgen entkommen könnten.
Im vergangenen Jahr haben alle 123 Krankenkassen 21.136 Rabattverträge für 15.942 Handelsformen mit 152 Pharmaherstellern abgeschlossen. IMS Health zufolge erhöhte sich die Rabattquote unter patentfreien Präparaten von 61 Prozent (2014) auf 63 Prozent (2015). Bei ihren Verhandlungen erhielten GKVen mehr als 3,6 Milliarden Euro an Rabatten auf ihre Arzneimittelausgaben. Sie sparten 14 Prozent mehr als im Vorjahr, berichtet der Bundesverband der Pharmazeutischen Industrie (BPI). Versicherte lehnen diese Strategie immer häufiger ab.
„Stellen Sie sich vor, Ihre Krankenkasse hat nur mit einem Anbieter einen Liefervertrag für Medikamente gegen chronische Erkrankungen, wie z. B. Diabetes. Diese Medikamente müssen täglich eingenommen werden.“ Forscher von Insa Meinungstrend wollten von 2.000 Verbrauchern wissen, wie sie diese Aussage bewerten. Rund 57 Prozent fühlten sich verunsichert. Als Grund kommen Lieferengpässe infrage. Zuletzt waren unter anderem Metoprolol retard und Novaminsulfon nicht erhältlich. „Die derzeitige Ausschreibepraxis der Krankenkassen gefährdet die Versorgung. Deshalb brauchen wir hier dringend eindeutige gesetzliche Regelung“, fordert so Henning Fahrenkamp, Hauptgeschäftsführer des BPI.
Falls eine gesetzliche Krankenversicherung nur Lieferverträge mit einem Hersteller geschlossen hat, könnte das ungeahnte Folgen haben. Rund 41 Prozent aller Befragten gaben zu Protokoll, dies sei für sie ein Grund, sich nach anderen GKVen umzusehen. Weitere 29 Prozent waren zumindest unentschlossen. Fahrenkamp spricht von einem „Warnschuss in Richtung Kassen“. Von der großen Koalition fordert er, beim aktuellen Gesetzesentwurf zur Arzneimittelversorgung nachzubessern. Ziel sei, an mindestens drei Anbieter je Los einen Zuschlag zu erteilen. Außerdem sei die Zeit zwischen Zuschlagserteilung und dem Lieferbeginn von sechs auf zwölf Monate zu erhöhen.
Ähnliche Ergebnisse lieferte eine Studie des Meinungsforschungsinstituts forsa im Auftrag von Pro Generika. Befragt wurden rund 1.000 Konsumenten. Für sie steht neben dem gleichen Zugang zu Gesundheitsdienstleistungen (60 Prozent Zustimmung) und schnell verfügbaren Arztterminen (50 Prozent) die Versorgung mit Medikamenten an dritter Stelle (46 Prozent). Mit Kritik an gesetzlichen Krankenversicherungen ist es aber nicht getan. Hersteller hätten ihrerseits die Möglichkeit, bei chemisch stabilen Präparaten größere Kontingente zu lagern. Wer die Kosten trägt, ist eine andere Frage.