Die Riesenwelle früher klinischer Daten zur Diagnostik und Therapie von Blutkrebserkrankungen und soliden Tumoren gleicht derzeit einem Tsunami. Wie die neuen Erkenntnisse aber sinnvoll in den klinischen Alltag integriert werden können, diskutieren Expertinnen und Experten vom 14. bis 18 Oktober auf der gemeinsamen Jahrestagung der Deutschen, Österreichischen und Schweizerischen Gesellschaften für Hämatologie und Medizinische Onkologie in Leipzig. Weitere Schwerpunkte des Kongresses unter dem Motto „Blut ist ein ganz besonderer Saft“ sind: Möglichkeiten der neuen Blutdiagnostik wie die „liquid biopsy“, die Präzisionsmedizin im Rahmen der Immuntherapie, Interprofessionalität und integrative Versorgungsansätze sowie der Themenkomplex der hereditären Erkrankungen von Migranten.
Die Geschwindigkeit der Generierung früher klinischer Daten hat in den letzten Jahren dramatisch zugenommen. „Aufgrund vielversprechender Ergebnisse schon vor Abschluss von Phase-III-Studien erleben wir bei den neuen Substanzen bereits vermehrt beschleunigte Zulassungsverfahren. Mit Blick auf die Integration der neuen Erkenntnisse in den Behandlungsalltag ist der direkte Austausch zwischen unseren Kolleginnen und Kollegen aus der Grundlagenforschung und den in der Klinik Tätigen so immens wichtig“, erklärt Prof. Dr. med. Andreas Hochhaus, diesjähriger Kongresspräsident und Direktor der Abteilung für Hämatologie und Internistische Onkologie am Universitätsklinikum Jena. Diese Entwicklung, so Hochhaus weiter, mache die Jahrestagung der deutschsprachigen Fachgesellschaften als interprofessionelles Forum für den Wissens- und Erfahrungsaustausch zu einer solch wichtigen Plattform. „Außerdem“, so der Kongresspräsident, „müssen wir uns – beispielsweise vor dem Hintergrund der Möglichkeiten der molekularen Gendiagnostik – mit der Frage befassen, welcher Patient wirklich von welcher Substanz profitiert.“
Die Chancen und Herausforderungen der zunehmenden Interaktion ambulanter und stationärer Bereiche – u. a. durch die Möglichkeiten der oralen Tumortherapie – stellen einen weiteren wichtigen Themenkomplex der Jahrestagung dar. „Orale Applikationsformen ermöglichen unseren Patientinnen und Patienten in einem verstärkten Maße die Nutzung ambulanter Therapieangebote. So werden sie in dieser psychisch und emotional schweren Phase nicht aus ihrem gewohnten sozialen Umfeld gerissen. Für viele bedeutet das ein Gewinn an Lebensqualität“, so Prof. Dr. med. Carsten Bokemeyer, Geschäftsführender Vorsitzender der DGHO und Direktor der II. Medizinischen Klinik und Poliklinik für den Bereich Onkologie, Hämatologie und Knochenmarktransplantation mit Sektion Pneumologie am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf. „Das ambulante Setting ändert aber nichts daran, dass es hier Fachleute braucht, die den Verlauf der oralen Tumortherapie intensiv überwachen.“ Weitere Themenbereiche in Leipzig werden von den Expertinnen und Experten unter den Schlagwörtern „Interprofessionalität“ und „integrative Versorgungsansätze“ diskutiert. „Mit den neuen innovativen Medikamenten erweitern wir unser Substanzportfolio um teils sehr hochwirksame Therapien. Um diese optimal umsetzen zu können, bedarf es teilweise einer noch stärkeren Abstimmung der verschiedenen Berufsgruppen, obwohl wir das schon jetzt intensiv machen. Zum Wohl unserer Patientinnen und Patienten können wir so Hand in Hand agieren“, erläutert der Geschäftsführende Vorsitzendende der DGHO. Beispielsweise werden im Rahmen der diesjährigen Pflegetagung vom 15. bis 16. Oktober besondere Sitzungen für Pflegekräfte und Psychologen angeboten. Darüber hinaus werden weitere Veranstaltungen als dezidiert gemeinsame Sitzungen im Programm ausgewiesen. Dabei handelt es sich um Fragestellungen aus den Bereichen der Ethik, der geriatrischen Hämatologie und Onkologie, Krebs bei Heranwachsenden und jungen Erwachsenen, Cancer Survivorship und der Palliativmedizin. „Vor dem Hintergrund der zunehmenden Zahl von Migranten werden wir uns verstärkt mit bestimmten hereditären Formen von Blutkrebserkrankungen und solider Tumoren auseinandersetzen“, betont Hochhaus. Die zentrale Bedeutung der Förderung des wissenschaftlichen und ärztlichen Nachwuchses für das Fach und damit für eine qualitativ exzellente onkologische Versorgung der Zukunft verdeutlicht Kongresspräsident Hochhaus: „Unser Studententag am 15. Oktober und der Austausch mit Assistentinnen und Assistenten in der Facharztausbildung soll unserem Nachwuchs die Bedeutung von Wissenschaft und Forschung nahebringen und sie dazu motivieren, sich als Wissenschaftler, Forscher und natürlich auch als Arzt für die Hämatologie und Medizinische Onkologie zu begeistern.“ Ausführliche Informationen finden Sie unter: www.haematologie-onkologie-2016.comÜber die DGHO Die DGHO Deutsche Gesellschaft für Hämatologie und Medizinische Onkologie e.V. besteht seit mehr als 75 Jahren und hat heute mehr als 3.000 Mitglieder, die in der Erforschung und Behandlung hämatologischer und onkologischer Erkrankungen tätig sind. Mit ihrem Engagement in der Aus-, Fort- und Weiterbildung, mit der Erstellung der Onkopedia-Leitlinien, mit der Wissensdatenbank, mit der Durchführung von Fachtagungen und Fortbildungsseminaren sowie mit ihrem gesundheitspolitischen Engagement fördert die Fachgesellschaft die hochwertige Versorgung von Patientinnen und Patienten im Fachgebiet.Über die OeGHO Die Österreichische Gesellschaft für Hämatologie & Medizinische Onkologie hat sich zum Ziel gesetzt, die Betreuung von Patientinnen und Patienten österreichweit an den höchsten Standard heranzuführen. Die OeGHO zählt als Fachgesellschaft aktuell ca. 500 Mitglieder, von denen ein Großteil Fachärzte oder Fachärztinnen für Innere Medizin mit Additivfach Hämatologie und Internistischer Onkologie sind. Neben der Aus-, Fort- und Weiterbildung von Ärztinnen und Ärzten sowie Pflegekräften, der Festlegung von Standards für die Facharztausbildung und Ausbildungsstätten und der Erarbeitung von Leitlinien will die OeGHO die interdisziplinäre Zusammenarbeit zwischen allen an der Krebstherapie Beteiligten und die Forschung auf dem Gebiet der Hämatologie und Onkologie aktiv fördern.Über die SGMO Die Schweizerische Gesellschaft für Medizinische Onkologie ist die Vereinigung von Ärzten, die auf die Erforschung, Diagnose und Behandlung bösartiger solider Tumoren und Blutkrankheiten spezialisiert sind. Mit der Aufwertung der internistischen Subspezialitäten zu eigenen Fachgesellschaften wurde der Subspezialitätentitel Hämatologie/Onkologie in den Facharzttitel „Medizinische Onkologie“ umgewandelt. Seit der Gründung der SGMO im Jahre 1999 hat ihre Mitgliederzahl stetig zugenommen und erreicht heute über 200 ordentliche und außerordentliche Mitglieder. Neben den Fachärzten für Onkologie sind als außerordentliche Mitglieder Hämatologen und Forscher vertreten.Über die SGH+SSH Die Schweizerische Gesellschaft für Hämatologie ist eine Partnergesellschaft der Schweizerischen Gesellschaft für Innere Medizin. Sie hat folgende Zielsetzung: Die Förderung der Hämatologie in der Schweiz sowie die Förderung, Sicherstellung und Überwachung der Aus-, Weiter- und Fortbildung in der Hämatologie, die Wahrung der beruflichen Interessen der Hämatologen in der Schweiz und die Förderung der Kollegialität unter den Mitgliedern.
Zum Artikel und Artikeldownload.