Eine neuartige Moskitofalle könnte dazu beitragen, Malaria, das Zika-Virus und Dengue-Fieber deutlich zu reduzieren. Die Falle kommt ohne Chemikalien aus und bezieht ihren Strom aus Solarzellen. Für einen großflächigen Einsatz muss sie allerdings weiter verbessert werden.
Malaria ist eine der bedeutendsten Infektionskrankheiten weltweit: Jährlich erkranken nach Angaben des Robert-Koch-Instituts etwa 200 Millionen Menschen an Malaria, 600.000 sterben an der Erkrankung. 90 Prozent der Erkrankungsfälle treten in Afrika auf. Auch das Zika- und das Dengue-Virus stellen eine zunehmende Bedrohung für die Gesundheit der Weltbevölkerung dar. Das Zika-Virus, das bei Embryos zu Fehlbildungen des Kopfes und des Gehirns führt, hat sich seit 2015 in Lateinamerika rasant ausgebreitet. Forscher befürchten eine weitere Ausdehnung auf tropische Länder weltweit, die durch Großveranstaltungen wie die olympischen Sommerspiele in Rio begünstigt werden könnte. Auch die Zahl der Dengue-Fieber-Fälle ist in den letzten Jahrzehnten laut WHO-Angaben stark angestiegen. Jährlich erkranken Schätzungen zufolge 100 Millionen Menschen, etwa 22.000 sterben am „Knochenbrecher-Fieber“.
Insektenforscher Willem Takken führte die Studie mit niederländischen, kenianischen und schweizer Forschern durch © Wageningen Universität Nun hat ein Forscherteam aus den Niederlanden, Kenia und der Schweiz eine Moskitofalle entwickelt [Paywall], die ganz ohne Insektizide auskommt. Sie konnte die Zahl der Malariamücken um 70 Prozent und die Zahl der Erkrankungsfälle um 30 Prozent senken. Die Falle verwendet einen menschlichen Duftstoff und zieht ebenfalls Mücken an, die das Zika- und das Dengue-Virus übertragen. Daher könnte sie in Zukunft dazu beitragen, gefährliche Tropenkrankheiten auf umweltfreundliche Art und Weise deutlich zu reduzieren. Die Forscher um Willem Takken von der niederländischen Wageningen Universität setzten die neuartige Falle in einer dreijährigen Studie auf der kenianischen Insel Rusinga ein. Sie verwendet als Lockmittel einen menschlichen Duftstoff und wird mit elektrischem Strom betrieben. Da es auf Rusinga keine zentrale Stromversorgung gibt, brachte das Forscherteam auf den Hausdächern Solarzellen an. Diese versorgten die Haushalte gleichzeitig mit Licht und Strom zum Aufladen von Handys. An dem Projekt waren auch Wissenschaftler vom Kenyan International Centre for Insect Physiology and Ecology (ICIPE) und dem Schweizerischen Tropen- und Public Health-Institut (Swiss TPH) beteiligt. Die Ergebnisse publizierten die Forscher in der Fachzeitschrift „The Lancet“. In das Projekt wurden alle 25.000 Einwohner der Insel Rusinga, die im Viktoria-See liegt, einbezogen. Im Zeitraum von Juni 2013 bis Mai 2015 verglichen die Wissenschaftler Haushalte, die bereits eine Moskitofalle erhalten hatten mit solchen, die die Falle in Zukunft erhalten sollten. Dabeikombinierte ihr Ansatz zur Malaria-Vorbeugung die Duftfalle mit der Verwendung von Moskitonetzen und Malaria-Medikamenten. Weiterhin wurde die Bevölkerung intensiv über Malaria und wichtige Schutzmaßnahmen aufgeklärt. Die Graphik zeigt, wie die Duftköder-Falle Malaria-Moskitos anzieht und die Anzahl der Mücken in der Region verringert © Wageningen Universität
Die Verwendung der Duftfalle führte zu einem Rückgang der Anopheles-Mücken – dem wichtigsten Überträger der Malaria – um 70 Prozent. Außerdem war die Zahl der Malaria-Erkrankungen in Haushalten mit Duftfalle um 30 Prozent niedriger als in Haushalten, die noch keine Falle besaßen. Anbringen der Solarzellen auf dem Dach © Alexandra Hiscox, Wageningen Universität „Letztendlich ist unser Ziel, Malaria vollständig auszurotten – und zwar auf eine umweltfreundliche und nachhaltige Weise“, erläutert Takken. Denn der Einsatz von Insektiziden könne nicht nur schädliche Auswirkungen auf die Bevölkerung haben, sondern führe auch dazu, dass die Mücken gegen die chemischen Substanzen zunehmend resistent werden. „Wir haben dagegen ein natürliches Lockmittel benutzt, das keine negativen Auswirkungen auf die Umwelt hat“, sagt Takken. „Außerdem ist die Wahrscheinlichkeit sehr gering, dass die Mücken dagegen resistent werden – denn die Anziehung durch einen menschlichen Duftstoff ermöglicht ihnen ja, zu überleben.“ Neben Anopheles-Mücken zieht die Duftköder-Falle auch die ägyptische Tigermücke Aedes aegypti an, die Gelbfieber, Dengue-Fieber und das Zika-Virus überträgt. Sie könnte deshalb auch dazu beitragen, diese Tropenkrankheiten wirksam zu bekämpfen.
Ein Projektmitarbeiter bringt die Duftköder-Falle an © Alexandra Hiscox, Wageningen Universität „Allerdings lockt die Falle zwar Mücken der Art Anopheles funestus effektiv an, aber nicht die Arten Anopheles gambiae und Anopheles arabiensis, die für die Übertragung der Malaria in Afrika von ähnlicher Bedeutung sind wie Anopheles funestus“, schreibt Gerry Killeen vom Ifakara Health Institut in Tansania und der britischen Liverpool School of Tropical Medicine in einem Kommentar zur Studie. „Das bedeutet, dass die Duftköder-Falle noch weiter entwickelt werden muss, um eine größere Anzahl verschiedener Moskitoarten anzuziehen.“ Ein weiteres Problem für einen großflächigen Einsatz der Falle, etwa in landesweiten Programmen, könnten die Kosten und die praktische Umsetzung sein, so Killeen. „Dennoch haben die Forscher einen wegweisenden Ansatz zur Malaria-Kontrolle entwickelt“, betont der Tropenmediziner. „Sie haben damit gleichzeitig nachgewiesen, dass es realistische Alternativen zum Einsatz von Insektiziden gibt.“ Denn seit vor etwa 25 Jahren Moskitonetze entwickelt wurden, die mit Insektiziden behandelt sind, seien zur Bekämpfung von Moskitos vor allem chemische Ansätze verwendet worden. „Bis Duftköder-Fallen routinemäßig in nationalen Programmen zur Malaria-Kontrolle eingesetzt werden können, bleibt zwar noch einiges zu tun“, schreibt Killeen. „Aber der Prototyp der Falle könnte zügig weiterentwickelt werden, bis er die Anforderungen für einen groß angelegten Einsatz erfüllt.“ Originalpublikation: The effect of mass mosquito trapping on malaria transmission and disease burden (SolarMal): a stepped-wedge cluster-randomised trial [Paywall] Tobias Homan et al.; The Lancet, doi: 10.1016/S0140-6736(16)30445-7;2016