Krankenhäuser sehen Tattoos und Piercings bei ihren Mitarbeitern nicht gern. Ihrer Meinung nach wirkt sich sichtbarer Körperschmuck auf die wahrgenommene Professionalität aus. Jetzt hat sich eine Studie dem Thema gewidmet – mithilfe von Fake-Tattoos und Ansteck-Piercings.
In Deutschland hat jeder Vierte mindestens ein Tattoo, und jeder 15. trägt mindestens ein Piercing. Ärzte sind von diesem Trend nicht ausgenommen. Aus Angst, Patienten könnten abgeschreckt werden, erlassen Personalabteilungen von Kliniken oder Praxisleiter aber oft strenge Regelungen: Körperschmuck wird nur toleriert, wenn er sich durch Kleidung verdecken lässt. Selbst Ärzte haben dazu in Blogs zwiespältige Ansichten, ob sich Körperkunst mit ihrem Status als Heilberufler verträgt. Alles Quatsch – meint Rebecca Jeanmonod vom St. Luke’s University Health Network in Bethlehem, USA.
Das Besondere an ihrer Studie war, dass sie mit einer Gruppe von drei Ärztinnen und vier Ärzten gearbeitet hat, die abwechselnd abwaschbare Tribal-Tattoos am Arm, provisorische Nasenstecker (Frauen) oder abnehmbare Ohrringe (Männer) trugen. Die Gruppe veränderte so regelmäßig ihr Aussehen. Insgesamt behandelten die Ärzte 924 Personen in einer Notaufnahme. Die Patienten hatten, gemessen am Emergency Severity index (ESI), unterschiedlich dringliche Erkrankungen. Die Ärzte vergaben bei einem Patienten den ESI 1, 111 hatten den ESI 2, 430 den ESI 3, 337 den ESI 4 und 7 den ESI 5. Kleinere ESI-Werte stehen für eine höhere Dringlichkeit, aber auch für mehr erforderliche medizinische Ressourcen. Nicht immer gab es in der Kohorte Daten dazu. Anschließend legte Jeanmonod den Patienten Fragebögen vor. Die Fragebogen-Skala reichte von einem Punkt für die geringste Zustimmung bis zu fünf Punkten für die maximale Zustimmung zu vorgegebenen Statements.
Bei der Auswertung gab Jeanmonod die maximal mögliche Zustimmung zu Aussagen an:
Signifikante Unterschiede zwischen den vier Gruppen gab es nicht. Trotz der klaren Aussage hat die Arbeit aber einige Schwächen. Sie umfasst relativ wenige Ärzte in einer sehr speziellen Umgebung. Wer in die Notaufnahme muss, hat andere Sorgen als den Körperschmuck seiner Ärzte zu begutachten. Genau diese Frage, nämlich wie viele Probanden Tattoos oder Piercings überhaupt wahrgenommen haben, bleibt offen.
Trotz aller Unklarheiten schreibt Jeanmonod im Paper: „Körperkunst scheint keinen erkennbaren Einfluss auf die Professionalität oder Kompetenz ihres Arztes zu haben.“ Bedenken der Verwaltungen von Kliniken, dass Tattoos oder Piercings die subjektiv wahrgenommene Professionalität untergraben und zu einer niedrigeren Patientenzufriedenheit führen könnten, seien nicht gerechtfertigt. Es sei also an der Zeit, restriktive Vorgaben zu überdenken.