Nach der „Steinzeit-Diät“ und der „Atkins-Diät“ kommt jetzt die „Fleisch-Diät“. Sie soll gegen Depressionen und gegen Arthritis helfen. Aber in erster Linie lässt sich damit gut verdienen. Experten halten davon nichts. Und wissenschaftliche Daten sucht man vergebens.
Mikhaila Peterson (26) isst dreimal täglich Rindfleisch. Sie frittiert oder brät es, fügt etwas Salz hinzu oder wäscht es zuvor mit Mineralwasser – und nicht mehr. Kein Obst oder Gemüse. Nur Fleisch. Ihr Vater ist kein Unbekannter, sondern Jordan Bernt Peterson, der kanadische klinische Psychologe und Autor. Seine Tochter Mikhaila tritt mit ihrer Geschäftstüchtigkeit in seine Fußstapfen. Für 90 Dollar pro Stunde stellt sie Interessierten ihr Diät-Konzept vor und preist gesundheitliche Effekte an.
Einfach mal was behaupten
Quellen oder Studien zum Erfolg der „Fleisch-Diät“ sucht man vergebens. Offen bleibt auch, warum der pure Fleisch-Konsum gegen Depressionen bzw. gegen rheumatoide Arthritis helfen soll, wie die beiden Petersons schreiben. Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) rät bei Rheuma genau zum Gegenteil: wenig Fleisch, eher Fisch. Außerdem ist Mikhaila Petersons Konzept nicht wirklich originell, wie ein Blick auf verwandte Diäten zeigt.
Aus alt mach´ neu
Seit Jahren geistert die Steinzeitdiät (Paleo-Ernährung) durch diverse Medien. Sie besteht aus Nahrungsmitteln, die vermutlich schon unsere Vorvorfahen in der Altsteinzeit, dem Paläolithikum, hatten: Fleisch, Fisch, Beeren, Kräuter, Nüsse und Pilze. Nicht dazu gehören Milch und Milchprodukte, Getreideprodukte oder Zucker. Und bei der Atkins-Diät („Low Carb“) gibt es wenig Kohlenhydrate, aber viel Proteine und viel Fett. Irgendwie lässt sich das Ganze doch gut kombinieren. Fleisch ist der kleinste gemeinsame Nenner. Was ist davon zu halten?
Einseitig und teuer
DocCheck hat Dipl. oecotroph. Antje Gahl von der Deutschen Gesellschaft für Ernährung nach ihrer Meinung gefragt. „Eine konkrete Beurteilung ist schwierig, da hier gar kein konkretes Diätkonzept beschrieben wird“, sagt Gahl. „Es heißt hier einfach nur Fleisch und sonst nichts.“ Daher seien nur allgemeine Einschätzungen möglich.
Die Expertin resümiert: „Grundsätzlich sind solche einseitigen Diäten nicht empfehlenswert. Sie liefern möglicherweise zwar die notwendige Energie, aber nicht das gesamte Nährstoffspektrum, dass der Körper benötigt. Der täglich hohe Konsum tierischer Lebensmittel – hier ausschließlich Fleisch – sei unter Gesundheits- und Nachhaltigkeitsaspekten kritisch zu sehen.“ Hochwertige Quellen für Ballaststoffe, Calcium, Vitamin C, Folat, Vitamin E, beta-Carotin, Kalium, Jod fehlten, da keine pflanzlichen Lebensmittel verzehrt würden. „Dies kann langfristig zu einem Nährstoffmangel führen“, vermutet Gahl.
Ihr Fazit zur „Fleisch-Diät“:
Wenig nachhaltige Konzepte
Die DGE sieht „Trendditäten“ ohnehin kritisch. Schon vor Jahren standen die Insulin-Trennkost, Basenfasten, die HCG- oder die Paleo-Diät bei vielen Menschen hoch im Kurs. „Solch kurzzeitige Diäten wirken nicht dauerhaft und gefährden eine ausgewogene Nährstoffzufuhr“, warnt Gahl. „Schnell viel abnehmen und genauso schnell wieder das Ausgangsgewicht oder sogar mehr erreichen – das charakterisiert diese Diäten und kann zum so genannten Jojo-Effekt führen.“
Langweilig, aber wirksam
Diäten lassen sich eben besser verkaufen als gute Ratschläge. Wer sich vernünftig ernährt und regelmäßig bewegt, braucht keine riskanten Experimente.