Trotz politischer Maßnahmen halten sie sich hartnäckig: Typische „Frauenberufe“ und „Männerberufe“. Zu welcher Gruppe die öffentliche Apotheke gehört, liegt auf der Hand. Männer sind hier eindeutig in der Minderheit. Warum ist das so?
In meiner Familie sind die Berufe meist ganz klassisch aufgeteilt: Die Frauen werden Sozialpädagogen, MFA, MTA, PTA, Friseurin oder Dekorateurin. Die Männer werden Computerfachleute, Elektriker, Werkzeugmacher oder KFZ-Mechatroniker. Die einzige Ausnahme war eine Schreinerin, die aber bald reumütig zur Krankenpflege umschulte.
Auch in der Pharmazie ist der Großteil der Mitarbeiter weiblich – auch wenn sich das in der Berufspolitik nicht widerspiegelt. In den meisten Verbänden und Kammern sitzen Männer in den Führungspositionen, und das hat gute Gründe. Um das zu verstehen, muss man zunächst erfassen, warum ein Beruf zu einem „Frauenberuf“ wird.
Männerberufe und Frauenberufe
Trotz von der Regierung geförderter Aktionen wie dem „Girls'-and-Boys'Day“ entscheiden sich die jungen Leute weiterhin für Berufe, in denen das eigene Geschlecht überrepräsentiert wird. Männer machen vorwiegend „Männerberufe“, in denen Technik, körperliche Kraft oder handwerkliches Geschick dominieren. Frauen machen „Frauenberufe“ im Bereich Erziehung, Soziales, Gesundheit oder allem was mit der Verschönerung des menschlichen Äußeren zu tun hat.
Warum ist das so? Männer könnten in diesen Bereichen doch ebenfalls erfolgreich arbeiten. Seit Jahren erobern immer mehr Frauen erfolgreich Männerdomänen, warum tun sich die Herren der Schöpfung dann so schwer damit, es ihnen gleich zu tun?
Typische Frauenarbeitsplätze haben mehrere Dinge gemeinsam: Sie befinden sich im Dienstleistungssektor, sind schlecht bezahlt, haben schlechte Aufstiegsmöglichkeiten und können gut in Teilzeit abgeleistet werden. Kein Wunder also, dass sie für junge Männer, die einen Beruf ergreifen möchten, wenig begehrenswert erscheinen.
Wer vertritt Frauenberufe nach außen? Meistens Männer
Die Arbeit in der öffentlichen Apotheke deckt nun alle genannten Punkte perfekt ab. Teilzeitarbeit ist in der öffentlichen Apotheke problemlos machbar – das erscheint für junge Frauen mit Familie attraktiv. Man muss nur früh genug den Absprung aus dem Teilzeitbereich finden, denn mit einem Halbtagsjob steuern die Frauen direkt auf die Altersarmut zu.
Allenfalls auf berufspolitischen Feldern sind die Männer in der Pharmazie deutlich überrepräsentiert. Da nutzen die Herren nämlich die erwähnte Tatsache aus, dass Frauen gerne nur Teilzeit arbeiten und sich den Arbeitsplatz in der Apotheke genau deshalb ausgesucht haben. Ein Engagement, das über die üblichen Öffnungszeiten hinaus geht, ist für Mütter oft nicht leistbar.
Und versuchen doch einmal Frauen, in die höheren Sphären hineingewählt zu werden, dann ist ihr Frausein ein Hemmschuh. Sie werden häufig als zu zaghaft und wenig durchsetzungsfähig angesehen. Wenn die Pharmazeutinnen dann aber doch zielstrebig und willensstark auftreten, will niemand das „Mannweib“ wählen, denn dieses Verhalten wird ihnen immernoch übel genommen.
Teilzeit für Männer: Kein Bedarf
So wird es wohl noch einige Jahre weiter laufen: Wenige Männer ergreifen wissentlich und willentlich einen Beruf, der ihnen kaum Aufstiegsmöglichkeiten eröffnet und der im Vergleich mit der Industrie schlecht bezahlt wird. Teilzeitarbeit für Männer wird erst dann als attraktive Möglichkeit wahrgenommen werden, wenn ein Umdenken in der Gesellschaft stattfindet.
Erst, wenn ein „Familienmanager“ auch der Vater sein kann, ohne dass diese Arbeitsteilung von der breiten Mehrheit belächelt oder sogar lächerlich gemacht wird, wird sich daran etwas ändern. So lange werden vor allem Frauen die Termine in den Arztpraxen machen, alte Menschen zu Hause pflegen oder eben in der Apotheke hinter dem HV stehen. Und Männer repräsentieren dann auch weiterhin diese Frauenberufe nach außen.