Herr Binzel hatte eine billige Privatversicherung oder so etwas Ähnliches. In der Notaufnahme hatte man ihm nun essenzielle Fragen gestellt. Zum Beispiel: „Seit wann haben sie denn das Fieber?“, „Welche Farbe hat der Schleim, den sie aushusten?“ und „Sind sie mit Chefarzt versichert?“
Herr Binzel war hiervon etwas verwirrt und als man ihm den wichtigsten Zettel von allen, den Privatversicherten-Zettel, hinlegte, kreuzte er zur Sicherheit überall „Ja“ an. Ja, natürlich sei er privat versichert. Mit Chefarztarztbehandlung.
Am nächsten Tag wanderte also der Chefarzt mit Chefoberarzt, Chef-Privatassistenzarzt und diversem anderem chefarztbegleitendem Personal durch Herrn Binzels Zimmer. Herr Binzel freute sich, es fiel ihm im Anschluss jedoch ein, dass er am Vortag wohl ein Kreuz zu viel gesetzt hatte. Seine Privatversicherung war leider ohne Chefarztbeteiligung und nun drohte ihm eine hohe Extrarechnung. Die Klinikverwaltung hatte aber Verständnis, der Chefarzt-Vertrag wurde storniert und man beorderte einen normalen 08/15-Assistenzarzt zur Betreuung des Patienten herbei.
Ich ging also hin und erzählte irgendetwas wie: „Ja, hallo ich bin Frau Dr. Zorgcooperations und ab jetzt ihre zuständige Ärztin.“ Dann betreute ich Herrn Binzel täglich ausgiebig. Ich machte Visiten, einen extra Ultraschall und nahm Blut ab. Herr Binzel schien zufrieden zu sein.
Nach drei Tagen sagte nun meine Krankenschwester zu mir: „Haha, vorhin hat sich der Herr Binzel beschwert. Er sei jetzt schon so lange hier und seit drei Tagen sei kein Arzt mehr da gewesen. Da habe ich gesagt: ‚Aber die Frau Dr. Zorgcooperations, die war doch jeden Tag bei Ihnen!‘‘“
Herr Binzel sei hierauf sehr erstaunt gewesen, dass die mitteljunge Frau, die täglich fragte, wie es ihm ginge, die Medikamente umstellte, das Blut abnahm, den Ultraschall machte und die Befunde mit ihm besprach, ein Arzt sein solle.
Was in aller Welt hatte er denn gedacht, wer ich sei?! Eine Art Spezielkrankenschwester?
Grumpelig besuchte ich Herrn Binzel und erklärte nochmals, dass ich der Arzt sei.
Herr Binzel schien jedoch das Zeremoniell der Chefarztvisite voller ernst schauender, grauhaariger Männer zu vermissen und fragte, ob denn nicht auch mal ein Oberarzt vorbei käme.
„Wir haben einmal in der Woche Oberarztvisite. Da treffen Sie unseren Oberarzt morgen.“
„Nur einmal in der Woche?!“ Herr Binzel war enttäuscht und murmelte dann noch, dass es sich da ja überhaupt nicht lohne, hier im Krankenhaus zu sein.
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