Die Hälfte der an malignem Melanom Erkrankten weist eine Genmutation auf. Bei diesen Patienten greifen die Medikamente, ansonsten bleibt der Effekt aus und es kommt zu massiven Nebenwirkungen. Dank Nanosensoren lässt sich das Erbgut nun extrem schnell und genau analysieren.
Mit einer neuartigen nanotechnologischen Methode lassen sich Veränderungen im Erbgut von Gewebeproben schnell und einfach nachweisen. Dies zeigen Forscher des Swiss Nanoscience Institute, der Universität Basel und des Universitätsspitals Basel in ersten klinischen Tests am Beispiel von Genmutationen bei Patienten mit malignem Melanom. Nach Schätzungen der American Skin Cancer Foundation erkranken heute mehr Menschen an Hautkrebs als an Brust-, Prostata-, Lungen- und Dickdarmkrebs zusammen. Zwar werden nur etwa fünf Prozent aller Hautkrebsarten dem schwarzen Hautkrebs zugeordnet, diese Fälle sind jedoch die gefährlichsten und können zum Tod führen. Etwa die Hälfte aller Patienten, die schwarzen Hautkrebs bekommen, weist eine Mutation des Gens BRAF (B Gene for Rapid Acceleration of Fibrosarcoma), die zu einer unkontrollierten Vermehrung der Zellen führt.
Es gibt inzwischen Medikamente, die diese speziellen Mutationen ausnützen, um den Krebs zu bekämpfen und damit die Lebenserwartung der Patienten signifikant verlängern. Sie wirken allerdings nur, wenn die entsprechende Genmutation tatsächlich vorhanden ist. Sonst treten massive Nebenwirkungen auf, ohne dass die gewünschte Wirkung einsetzt. „Es ist daher unerlässlich, die Mutationen zuverlässig in Gewebeproben identifizieren zu können. Nur so können die Patienten richtig und erfolgreich behandeln werden“, erläutert Mitautorin Prof. Katharina Glatz vom Institut für Pathologie des Universitätsspitals Basel.
Das Team um Prof. Ernst Meyer und Prof. Christoph Gerber hat in einer klinischen Pilotstudie erstmals Nanosensoren eingesetzt, um in Gewebeproben von Patienten mit schwarzem Hautkrebs die Mutationen nachzuweisen. Die Forscher verwendeten dazu winzige Federbalken (Cantilever), die auf unterschiedliche Weise beschichtet wurden. Auf einigen befand sich eine Erkennungssequenz für die gesuchte Mutation. Der Federbalken trägt die Erkennungssequenz für die gesuchte Mutation. Ist diese in der Probe vorhanden, bindet das entsprechende RNA-Stück, verbiegt sich der Federbalken, was sich messen lässt. © Universität Basel, Departement Physik Aus der Gewebeprobe der Patienten wurde nun Erbgut (RNA) isoliert und auf diese Cantilever aufgebracht. Ist die Erbgutveränderung vorhanden, bindet die RNA des Patienten an die Erkennungssequenz auf dem Cantilever. Aufgrund des entstehenden Oberflächenstresses verbiegt sich der Cantilever, was sich messen lässt. Ist die Mutation nicht in der RNA-Probe enthalten, kommt es nicht zu der Verbiegung – nur eine spezifische Bindung führt also zu einem Signal. Der Einsatz der Nano-Cantilever hat den Vorteil, dass keine zeitaufwändigen Methoden benötigt werden und nicht einmal ein Tag von der Entnahme der Biopsie bis zur Diagnose vergeht.
Das Basler Forschungsteam konnte so zeigen, dass nanomechanische Mikrocantilever in der Lage sind, Mutationen in komplexen Mischungen totaler RNA zu identifizieren, die aus Gewebeproben isoliert wurde. Ursprünglich wurden Cantilever nur in Rasterkraftmikroskopen verwendet. Gerber stellt fest: „Wir haben vor 30 Jahren nicht voraussehen können, dass unsere Technologie einmal in der Klinik für personalisierte Medizin angewendet werden könnte – sozusagen vom Labor ans Krankenbett.“ Originalpublikation: Fast Diagnostics of BRAF Mutations in Biopsies from Malignant Melanoma François Huber et. al.; Nano Letters, doi: 10.1021/acs.nanolett.6b01513; 2016