Die Suche nach Fachkräften treibt viele Apothekenleiter um. Mit Eingaben beim Apothekertag ist es nicht getan – wenig erfolgreiche „Reförmchen“ gab es in den letzten Jahren viele. Es ist an der Zeit, die Berufsbilder generell zu modernisieren. Eine Bestandsaufnahme.
The same procedure as every year: Kaum naht der Apothekertag, schießen Anträge zur Modernisierung des Pharmaziestudiums wie Pilze aus dem Boden. Über deren Sinnhaftigkeit lässt sich streiten.
Unter anderem wünschen sich Standesvertreter eine Arbeitsgruppe aus Bundesapothekerkammer plus Hochschulprofessorenkonferenz, eventuell unter Beteiligung der Kultusministerkonferenz. Sie soll Inhalte evaluieren und gegebenenfalls optimieren. Ein weiteres Papier sieht vor, dass sich Bundesärzte- und Bundesapothekerkammer, Hochschullehrer und Studierende regelmäßig austauschen. Gemeinsam sollten sie überlegen, wie Ärzte und Apotheker schon während ihrer Ausbildung besser zusammenarbeiten könnten. Bleibt zu befürchten, dass neue bürokratische Ungetüme entstehen, ansonsten aber alles beim Alten bleibt.
Angehende Apotheker machen sich deshalb ihre eigenen Gedanken. DocCheck fragte bei Hannah Ruhhammer vom Bundesverband der Pharmaziestudierenden (BPhD) nach. „Unsere AG Zukunft hat aktuell genau zu diesem Thema ein Thesenpapier erstellt“, so Ruhhammer. Demnach sollen Pharmakologie, Pharmakotherapie sowie der pharmakologisch-toxikologische Demonstrationskurs früher im Curriculum behandelt werden. Außerdem fordert der Verband, pharmazeutische Betreuung, Therapiebewertung und Therapieindividualisierung als Schwerpunkte der klinischen Pharmazie ausführlicher zu behandeln. Ruhhammer weiter: „Die Organik wünschen wir uns etwas genauer, da sie die Grundlage für pharmazeutische und medizinische Chemie im Hauptstudium ist.“ Anorganische Chemie habe jedoch weniger Relevanz. Darüber hinaus seien Arzneimittelanalytik und Arzneistoffanalytik zusammenzufassen. „Ebenso ist der zeitliche Rahmen für die quantitative Analytik zu groß.“ Es komme zu vielen Dopplungen, und es würden „nicht zeitgemäße und praxisferne Inhalte vermittelt“. Der BPhD schlägt vor, weitere Inhalte in die Approbationsordnung aufnehmen, etwa Scientific English, psychologische Grundlagen, Computerkenntnisse oder ethische Aspekte im Alltag. Apothekenpersonal im Überblick. Quelle: IfH
Für das praktische Jahr gibt es schon jetzt wegweisende Modelle. Die Landesapothekerkammer Baden-Württemberg zertifiziert Betriebsstätten auf freiwilliger Basis als „akademische Ausbildungsapotheken“. Jugendliche profitieren von standardisierten, praxisorientierten Inhalten – und Inhaber freuen sich über reges Interesse von Praktikanten. Auf die bundesweite Umsetzung warten Studierende aber vergebens. Und wer später eine Apotheke gründen oder übernehmen möchte, ist gut beraten, sich nicht auf das Studium zu verlassen. Betriebswirtschaft spielt trotz aller Relevanz für Apothekenleiter bis heute keine nennenswerte Rolle in der Ausbildung. Mittlerweile gibt es Aufbaustudiengänge wie den „Pharma-MBA“ oder den „Pharmazieökonomen“. Im Zuge grundlegender Reformen könnten Teile auch in die akademische Ausbildung wandern. Bleibt abzuwarten, wann Verantwortliche die Zeichen der Zeit erkennen. Ausbildungsplätze für Pharmazeuten im Praktikum, für angehende PTA und PKA. Quelle: ABDA
Ähnlich trist sieht die Sache bei PTA aus. Zwar gibt es einen grundlegenden Konsens aller Akteure, die Ausbildung zu verlängern. Darauf haben sich ADEXA, der BVpta, PTA-Schulen, Kammern, Verbände und die ABDA verständigt. Im Raum stehen zwei Jahre Fachschulausbildung, gefolgt von einem praktischen Jahr. Ziel ist, die Inhalte zu modernisieren. Ob der Beruf bei gleicher Entlohnung deshalb attraktiver wird, sei dahingestellt. Radikalere Reformen, etwa ein FH-Studium, verbunden mit beschränkten Vertretungskompetenzen und besserer Entlohnung, sind momentan kein Thema mehr. Dass PTA-Schülerinnen zusätzlich die Fachhochschulreife erwerben, ist ein zweischneidiges Schwert. Wer anschließend studiert, kommt öffentlichen Apotheken abhanden.
Apropos Reformen: Bei PKA-Auszubildenden sollte das sogenannte Lernfeldkonzept eigentlich für mehr Qualität sorgen. Lernfelder orientieren sich an realen Situationen des späteren Apothekenalltags. Gleichzeitig bleibt mehr Zeit für moderne Themen wie Kommunikation, Marketing, Beratung und Verkauf im Freiwahlbereich. Doch das Konzept scheint nicht aufzugehen. Laut Umfragen des Instituts für Handelsforschung Köln (APOkix) verschlechtert sich die Qualität von Bewerbern weiter. Stichprobenartige Umfragen von DocCheck haben das bestätigt. Mehrere Inhaber beklagten sich über mangelhafte Rechen-, EDV- oder Deutschkenntnisse bei jungen PKA. Sechs von zehn Inhabern vermuten, langfristig verringere sich der Bedarf an kaufmännischen Angestellten ohnehin. Schon heute übernehmen PTA in vielen Apotheken PKA-Aufgaben wie das Einbuchen von Waren mit. Und Verhandlungen mit dem Großhandel sind fest in der Hand von Apothekenleitern. Ganz klar, grundlegende Reformen sind in allen Bereichen überfällig.