Der Rettungsdienst meldete einen Patienten an. Unklare Verwirrtheit. Die Dritte am heutigen Tag. Was es wohl diesmal war? Exsikkose? Demenz? Oder doch ein epileptischer Anfall? Es sollte sich herausstellen, dass Nichts von alledem zutraf.
„Unklare Verwirrtheit“ oder auch „unklar neurologisch“ – wer kennt diese Einsatzmeldungen nicht. Manchmal verbirgt sich etwas Spannendes dahinter, oft doch nur Banales. Dieser Fall ist lehrreich, aber auch banal, weil die Therapie so einfach ist.
Was war passiert?
Der Rettungsdienst brachte also diesen Patienten mit unklarer Verwirrtheit. Er sei Passanten aufgefallen, als er torkelnd und wirres Zeug redend in sein Auto steigen wollte. So hat man das einzig Sinnvolle getan und die Polizei gerufen, um Schlimmeres zu verhindern. Pikant dabei: Er war mit seiner Tochter unterwegs. Ich kann mir gut vorstellen, wie die Leute sich empören. Wie kann man zu dieser Tageszeit – es war Mittag – schon betrunken sein. Und dann auch noch Auto fahren wollen? Mit der minderjährigen Tochter im Schlepptau!
Die Polizei jedenfalls forderte den Rettungsdienst an und der brachte den Patienten in die Notaufnahme.
In der Notaufnahme
Ich war gerade bei einem anderen als „neurologisch unklar“ gemeldeten Patienten, als der Rettungsdienst ankommt. Schon wieder diese Einsatzmeldung, dachte ich, heute hat sich wirklich alles gegen mich verschworen. Irgendein Instinkt sagte mir aber, dass ich mir diesen Patienten zuerst anschauen sollte. Also ließ ich den 80-jährigen neurologisch Unklaren zunächst zurück und wendete mich dem neuen Patienten zu, der um die 40 Jahre alt war.
Die Kollegen vom Rettungsdienst erklärten mir also erstmal die Situation. Der Patient schien auf den ersten Blick verwirrt, er sah durch mich durch. Sprachverständnis- und produktion waren offensichtlich eingeschränkt. Er antwortete stets mit „ja, ja“ und ich stellte somit eine vierfache Desorientierung fest.
Blutdruck war in Ordnung, fuhren die Kollegen fort, Sättigung passte auch, Alkoholspiegel negativ. Sie sahen mich ratlos an.
Ich überlegte kurz. Dann fiel es mir wie Schuppen von den Augen. Blutzucker. „Was ist mit dem Blutzucker?“
„Äh, öh“. Die Rettungsdienstler stocken. Ach so, ja, daran hätten sie initial nicht gedacht, erst also sie schon auf der Fahrt waren.
Die Auflösung
Die Schwester holte das BZ-Gerät. Pieks. Kurz warten. 29 mg/dl. Bingo. Und die Wunderheilung ließ auch nicht lange auf sich warten. Nach einer Ampulle G40 klart der Patient schlagartig auf. Wenn die Lösung immer so einfach wäre …