Unser Darmmikrobiom birgt so manches Geheimnis. Neue Papers inklusive medialer Begleitung gibt es Tag für Tag. Ein Start-up will sich am Hype beteiligen und bietet Test-Kits an. Rechtlich gesehen handelt es sich nur um ein Life-Style-Produkt, nicht um ein Medizinprodukt. Wunder sollte niemand erwarten.
Das Darmmikrobiom birgt so manches Geheimnis. Forscher wissen heute, dass nicht nur Leiden wie entzündliche Erkrankungen oder Stoffwechselerkrankungen mit Veränderungen im Darmmikrobiom assoziiert sind. In unzähligen Papers ist von neu entdeckten Zusammenhängen zwischen einem gestörten Darmmikrobiom und diversen Erkrankungen die Rede. Kein Wunder, dass immer mehr Patienten genauer über die Mikroorganismen in ihrem Darm Bescheid wissen wollen.
Die Toilette wird zum Testlabor
Jetzt versucht die BIOMES NGS GmbH aus dem Hype ein Geschäft zu machen. Das Start-up der Technische Hochschule Wildau stellt auf seiner Website INTEST.pro, einen Selbsttest, vor. Laien entnehmen per Wattestäbchen eine Probe, etwa über Toilettenpapier. Per Post geht es ins Labor zur weiteren Analyse per Hochdurchsatzsequenzierungstechnologien (NGS, Next Generation Sequencing), Details werden nicht genannt. Eine gängige Methode ist, Bakterien anhand charakteristischer Nukleinsäuren, der 16S rRNA, zu identifizieren. Alles in allem schlägt der Service mit 99 Euro zu Buche. Kunden erhalten ihre Mikrobiom-Analyse inklusive Ernährungstipps über ein Dashboard, um verschiedene Befindlichkeitsstörungen zu kurieren.
Nur Hinweise für Arzt und Apotheker
Entscheidend ist das Kleingedruckte: INTEST.pro ist ein Life-Style-Produkt und kein Medizinprodukt, was schon mal zu deutlich weniger Hürden beim Verkauf führt. „Durch Algorithmen der Mustererkennung und künstlichen Intelligenz wird ein Reporting über verschiedene Themenbereiche generiert“, schreibt der Hersteller. „Der Kunde erhält neben der Visualisierung seiner Testergebnisse individuelle Handlungsempfehlungen. Die Auswertungen und Handlungsempfehlungen sind so aufbereitet, dass sie einem Arzt, Heilpraktiker, Ernährungsberater, Apotheker u.W. als Grundlage für weiterführende Untersuchungen oder Empfehlungen zur Verfügung gestellt werden können.“
Konkret nennt der Anbieter:
Zu allen Indikationen gibt es mittlerweile Assoziationsstudien: Forscher beobachten, dass bei Menschen mit einem bestimmten Krankheitsbild das Mikrobiom verändert ist. Wer hier als Huhn und wer als Ei auftritt, lässt sich schwer beantworten. Ob probiotische Mittelchen helfen, muss ebenfalls mit einem dicken Fragezeichen versehen werden.
Wirklich gut ist die Datenlage nur bei Clostridium-difficile-assoziierter Kolitis. Ärzte setzen nicht auf Ernährungstipps, sondern optimieren das Mikrobiom per Stuhltransplantation. Wer an schwerwiegenden Erkrankungen leidet, sollte sich in medizinische Behandlung begeben. Dafür geben GKVen ihre Gelder wesentlich sinnvoller aus.