Wenn die Sprösslinge von Hunden gebissen werden, ist es häufig ausgerechnet der eigene. Das hat mehrere Gründe: Kinder können schwer einschätzen, wann der Vierbeiner Ruhe will. Außerdem neigen Besitzer dazu, ihre eigenen Haustiere zu verharmlosen.
Bissvorfälle bei Kleinkindern passieren meist durch den eigenen Familienhund. Auslöser ist oft eine vom Kind liebevoll gemeinte Geste wie eine Umarmung. Häufig erfolgen die Hundebisse sogar unter Aufsicht von Erwachsenen. Eine Befragung von Hundehaltern des Instituts für Tiererhaltung und Tierschutz der Vetmeduni Wien ergab, dass beim vertrauten Familienhund eindeutige Gefahrensituationen unterschätzt werden. Dabei gibt es einfache Maßnahmen, durch die sich das Bissrisiko deutlich verringern lässt.
Vor allem der Familienhund wird gerne umarmt oder intensiv gestreichelt. Manchmal wird so die Geduld des vierbeinigen Mitbewohners leider überstrapaziert und er schnappt zu. Halter sollten eigentlich erkennen, wenn sich der Hund bedrängt fühlt und rechtzeitig einschreiten. Trotzdem ereignen sich die Vorfälle häufig direkt vor den Augen der Erwachsenen“, erklärt Studienleiterin Christine Arhant vom Institut für Tierhaltung und Tierschutz der Vetmeduni Wien.
Warum das so ist, versuchte die Gruppe mittels Onlinebefragung herauszufinden. Das Ergebnis: „Der Großteil der Befragten war sich des generellen Risikos von Bissvorfällen sehr wohl bewusst“, sagt Arhant. Unbekannt war den meisten Teilnehmern lediglich, dass auch kleinere Hunde ein Risiko darstellen. Die Bewertung von Beispielbildern, auf denen eine Kind-Hund Situation dargestellt war, zeigte jedoch, dass die Gefahr durch fremde Hunde deutlich höher eingeschätzt wird, als durch den eigenen Familienhund. Im Zusammenhang mit fremden Hunden wurde jede abgebildete Situation, auch solche mit geringem Risiko, als gefährlich eingestuft. Beim Familienhund wurden dagegen fast alle Situationen als harmlos und ein Einschreiten als nicht notwendig angesehen. Nur ein gemeinsames Kuscheln von Kind und Hund im Hundebett wurde als mögliche Gefahr eingestuft.
Etwa 50 Prozent der Befragten lassen das Kleinkind sooft und so lange wie es möchte mit dem Hund spielen, auch unbeaufsichtigt. „Das gesunde Misstrauen gegenüber fremden Hunden scheint beim eigenen Familienhund nicht gegeben zu sein“, schätzt Arhant ein. „Man vertraut dem eigenen Hund und schließt einen Beißvorfall mit ihm aus.“ Das reduziert nicht nur die Achtsamkeit, sondern Hundehalter setzen damit voraus, dass der eigene Hund toleranter und geduldiger ist als andere.
Eltern, die mit ihren Kindern wegen Bisswunden zum Arzt kommen, sollte man dazu raten, dem Haushund Rückzugsorte einzurichten. „Das Bedürfnis nach Ruhe und einem eigenen Bereich sollte auch beim eigenen Hund respektiert werden“, so Arhant. Dass ein Hund auch ein Bedürfnis nach ausreichend Ruhezeit und Abstand vom Kleinkind hat, scheint vielen Befragten nicht bewusst zu sein. Die Deutsche Veterinärmedizinische Gesellschaft bietet auf ihrer Homepage Informationsmaterial zum richtigen Umgang mit dem Familienhund an. Originalpublikation: Attitudes of caregivers to supervision of childefamily dog interactions in children up to 6 years - An exploratory study Christine Arhant et al.; Journal of Veterinary Behaviour, doi: 10.1016/j.jveb.2016.06.007; 2016