Erstmals ist Jameda gerichtlich verpflichtet, das Profil einer Dermatologin vollständig zu löschen. Ihre Anklage: Das Bewertungsportal hatte das Profil als Werbefläche für Konkurrenten genutzt. Zwar ändert Jameda sein Geschäftsmodell, der Liste entkommt man als Arzt zukünftig dennoch nicht.
Eine Dermatologin und Allergologin hat dagegen geklagt, gegen ihren Willen mit Basisdaten zur Praxis und zur Person beim Arztbewertungsportal Jameda eingetragen worden zu sein. Sie sah sich sich gegenüber kostenpflichtigen Profilen benachteiligt und verlangte die vollständige Löschung ihres Profils und der zugehörigen Daten.
Riefen User ihr Profil auf, erschienen Werbebanner zahlender Ärzte, die sich als Premiumkunden von Jameda mit Bildern und Informationen als auf ihrem Profil präsentierten. Außerdem hatte die Ärztin als Klägerin die Sichtbarkeit von insgesamt 17 Bewertungen über sich kritisiert. Nachdem das Landgericht Köln die Klage zunächst abwies und die Berufung beim Oberlandesgericht Köln erfolglos blieb, hatte sie in dritter Instanz Erfolg: Der Bundesgerichtshof (BGH) gab ihrer Klage jetzt statt (Urteil vom 20. Februar 2018 - VI ZR 30/17). Zwar wurde das Profil der Ärztin auf ihr Verlangen hin gelöscht. Grundsätzlich dürfen Bewertungsportale aber weiterhin alle Ärzte listen und von Patienten bewerten lassen.
Bereits Ende 2014 hatte der BGH aufgrund zahlreicher Klagen von Medizinern entschieden, dass Bewertungsportale ärztliche Basisdaten speichern dürfen (Az.: VI ZR 358/13). „Das Recht des Klägers auf informationelle Selbstbestimmung überwiegt das Recht der Beklagten auf Kommunikationsfreiheit nicht“, hieß es damals im Leitsatz. Zwar werde ein Arzt „durch seine Aufnahme in ein Bewertungsportal nicht unerheblich belastet“. Dem stehe allerdings gegenüber, dass „das Interesse der Öffentlichkeit an Informationen über ärztliche Leistungen vor dem Hintergrund der freien Arztwahl ganz erheblich ist“. Nach Abwägung aller Interessen lehnte der BHG damals eine Löschung aller Daten des Klägers ab.
Der jetzt verhandelte Fall unterscheidet sich in einem entscheidenden Punkt: Laut BGH tritt Jameda nicht mehr als „neutraler Informationsmittler“ auf, erkärte der BGH. Vielmehr erscheinen bei Ärzten mit Basisprofilen, die keine Zusatzleistungen buchen, Informationen zu örtlich konkurrierenden Kollegen. Bei Premium-Kunden gibt es diese Einblendungen hingegen nicht. Damit könne sich der Betreiber nur noch „mit geringerem Gewicht“ auf seine Meinungs- und Medienfreiheit berufen. Laut BGH überwiegen die Interessen der klagenden Ärztin. Ihr Profil hätte gelöscht werden müssen, so der Vorwurf der Klägerin. Nach Vorgaben der Bundesrichter werden die kritisierten werblichen Einblendungen mit sofortiger Wirkung von Basisprofilen entfernt.
„Wir begrüßen, dass die Bundesrichter nochmals bestätigen, dass eine Speicherung der personenbezogenen Daten mit einer Bewertung der Ärzte durch Patienten grundsätzlich zulässig ist und dem Informationsbedürfnis der Allgemeinheit damit ein hoher Stellenwert eingeräumt wird“, kommentiert Jameda-Geschäftsführer Dr. Florian Weiß. Man habe „Anzeigen auf Arztprofilen, die Grund für das Urteil waren, nach Vorgaben der Bundesrichter mit sofortiger Wirkung entfernt“. Weiß ergänzt: „Patienten finden somit auf Jameda auch weiterhin alle niedergelassenen Ärzte Deutschlands. Ärzte können sich nach wie vor nicht aus Jameda löschen lassen.“
Mit welchen Paketen der Portalbetreiber künftig Ärzte von Premium-Konten überzeugen will, ist derzeit unbekannt. Eine mögliche Konsequenz seitens Jameda könnte sein, dass das Unternehmen in Zukunft von der primären Funktion als Bewertungsportal immer mehr abweicht. Schon jetzt haben Praxisinhaber die beispielsweise die Möglichkeit, Funktionen für die Online-Terminbuchung zu buchen. Und vor mehr als einem Jahr hat Jameda Kompetenzen eingekauft, um Videosprechstunden anzubieten.
Für Kollegen ändert sich durch das Urteil reichlich wenig. Störende Werbebanner zur Konkurrenz sind zwar verschwunden. Basisdaten bleiben aber trotzdem erhalten. Im Endeffekt bleibt Praxisinhabern nur, Profile ständig zu beobachten und gegen Bewertungen selbst Widerspruch einzulegen. Das kostet Zeit, Geld und Nerven.