Seit gut zehn Jahren befragen Marktforscher im Auftrag der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) zufällig ausgewählte Patienten. Diese sind mit Heilberuflern fachlich mehr als zufrieden. Ein genauerer Blick auf die Wartezeiten zeigt jedoch, dass es noch Luft nach oben gibt.
Arzt und Patient – zwei Welten begegnen sich. Jetzt standen 6.113 repräsentativ ausgewählte Personen Rede und Antwort. „Wartezeiten, Kompetenz, Vertrauensverhältnis - Patienten sind mit Ärzten sehr zufrieden“, resümiert die KBV. Ein Blick auf die Ergebnisse zeigt, dass es in manchen Bereichen dennoch hakt. Zunächst die guten Nachrichten: Patienten haben großes Vertrauen in ihre Ärzte – 51 Prozent kreuzten hier „sehr gut“ und weitere 41 Prozent „gut“ an. Dieser Trend hat sich im letzten Jahrzehnt nicht großartig verändert. Ähnlich ist es aus Sicht von Laien um die Fachkompetenz bestellt: 48 Prozent sprachen von „sehr gut“ und 45 Prozent von „gut“. Mit der Einbindung in Entscheidungen sind 79 Prozent zufrieden. Die KBV ist von ihren Resultaten jedenfalls begeistert. „Gerne zeichnen Teile der Politik das Bild, dass die ambulante Versorgung im Argen liege und alles schlecht sei. Gegen diesen Populismus setzen wir Fakten: Die repräsentative Umfrage zeigt seit nunmehr einem Jahrzehnt sehr hohe Zufriedenheitswerte“, sagt KBV-Chef Dr. Andreas Gassen. In anderen Bereichen sieht es weniger gut aus. Quelle: KBV
Mit den Terminservicestellen machten Politiker Wartezeiten zum großen Thema. Aktuell beurteilt nur einer von zehn Befragten die Zeit zwischen Anfrage und Termin als zu lange. Für 47 Prozent stellte sich diese Frage nicht, da sie keine Wartezeit hatten. Wieviel Zeit tatsächlich zwischen Wunsch und Praxisbesuch vergeht, hängt auch von der Versicherung selbst ab. Kassenpatienten mussten sich im Schnitt deutlich länger gedulden als Privatpatienten. Das zeigt sich vor allem in der Gruppe ohne Wartezeit im Vergleich zu der Gruppe mit mehr als drei Wochen Wartezeit (13 versus sieben Prozent). Quelle: KBV Darüber hinaus fanden Wissenschaftler starke regionale Unterschiede. Im Osten Deutschlands kommen mehr Patienten ohne Termin beziehungsweise ohne Wartezeit bis zum Arzt durch. Gleichzeitig ist der Prozentsatz an Versicherten, die sich drei oder mehr Wochen gedulden müssen, höher. Weitere Unterschiede ergaben sich von Facharzt zu Facharzt. Hier wird es jedoch schwer, die Zahlen exakt zu interpretieren. Manche Kollegen, etwa Gynäkologen, Dermatologen oder Augenärzte, vergeben Termine zu Vorsorgeuntersuchungen gezielt im Voraus. Bei anderen Fachrichtungen, etwa bei Psychiatern, ist dies deutlich seltener der Fall. Quelle: KBV
Die Folgen überraschen kaum. Rund 23 Prozent aller Befragten gaben an, im letzten Jahr auf einen – aus ihrer Sicht erforderlichen – Arzttermin verzichtet zu haben. Das lag an langen Wartezeiten (19 Prozent Zustimmung) beziehungsweise am Problem, überhaupt einen Termin zu bekommen (sieben Prozent). Weitaus häufiger nannten Befragte aber den eigenen Zeitmangel (38 Prozent) beziehungsweise die deutliche Besserung ihrer Beschwerden. Offen bleibt, wie viele Patienten per Selbstdiagnose und OTCs ihren Beschwerden zu Leibe gerückt sind. Das kann zur Verschlechterung der Grunderkrankung und zu deutlich höheren Kosten für das Gesundheitssystem führen. Nach wie vor geht aber jeder zweite Patient wegen akuter Beschwerden in die Praxis.
In diesem Zusammenhang haben Marktforscher auch verschiedene Szenarien abgefragt. An der Frage, ob vor jedem Facharzttermin erst der Hausarzt konsultiert werden muss, scheiden sich die Geister. 54 Prozent halten die Maßnahme für sinnvoll und weitere 43 Prozent lehnen Einschränkungen ab. Einen Wahltarif der GKV mit entsprechenden Einschränkungen würden 65 Prozent akzeptieren, falls sich ihre Beiträge spürbar verringern. Und lediglich 38 Prozent gaben an, tiefer in die eigene Tasche zu greifen, um eine qualitativ hochwertigere Versorgung zu finanzieren.
Bei anderen Investitionen sind einzig und allein Inhaber gefragt. 25 Prozent aller befragten Patienten störten sich am fehlenden barrierefreien Zugang zur Praxis. Tatsächlich hatten nur drei Prozent Probleme vor Ort, etwa durch Treppenstufen, enge Türen oder fehlende Parkmöglichkeiten. Dieser Wert blieb seit 2011 relativ. Unabhängig vom eigenen Gesundheitszustand bewerten 46 Prozent Barrierefreiheit als wichtiges Ausstattungsmerkmal. Noch lässt der Gesetzgeber bei Ärzten Gnade vor Recht ergehen. Öffentliche Apotheken sind seit mehreren Jahren verpflichtet, Hürden auf dem Weg zum Handverkaufstisch abzubauen. Bis zur Bundestagswahl sind aber keine Vorstöße mehr zu erwarten.