Wieder einmal hat die Psychokardiologie die Nase vorn: mehrere Studien weisen überraschende Zusammenhänge zwischen Krankheitswahrnehmung und Patientenzeichnungen bei Herzkrankheiten nach. Kann die Psychopneumologie diesen integrativen Ansatz ebenfalls nutzen?
Patientenzeichnungen nach Herzinfarkt und bei Herzinsuffizienz
Bereits seit mehr als einer Dekade bringen Studien zu Patientenzeichnungen nach Herzinfarkt erstaunliches zutage: Die "Herzbilder" sagen die Erholung sowie die funktionellen und psychosozialen Einschränkungen nach Herzinfarkt besser voraus als medizinische Indikatoren der Herzschädigungen (siehe hier und hier und hier).
Inzwischen bestätigte eine Studie zu Patientenzeichnungen bei Herzinsuffizienz die signifikanten Zusammenhänge zwischen Zeichnungsmerkmalen und psychologischem, funktionalem und klinischem Status.
Eine Übersichtsarbeit von 2016 listet insgesamt 32 Studien zu Patientenzeichnungen bei verschiedenen Krankheitsbildern auf. Eröffnet sich hier auch ein Weg für die Psychopneumologie, um Krankheitswahrnehmung und Therapieerfahrungen der Patienten besser zu verstehen?
Patientenzeichnungen bei COPD
Zwei Studien zu Patientenzeichnungen bei COPD berechtigen zu Hoffnungen.
Luthy C et al. untersuchten bei 32 COPD-Patienten, inwieweit sich die Atemnot-Erfahrung in deren Zeichnungen widerspiegelt.
Studienergebnisse:
Eine aktuelle Studie von Kaptein AA et al. untersuchte die Wertigkeit und Praktikabilität von Patientenzeichnungen für die Erfassung der Krankheitswahrnehmung. Von 100 COPD-Patienten fertigten 87 eine Zeichnung an, nachdem sie die Instruktion erhalten hatten, ihre Vorstellung von der eigenen Lunge zu zeichnen. Zusätzlich wurden soziodemographische, klinische und psychologische Daten erhoben. Die Krankheitswahrnehmung wurde mittels Kurzform des Illness Perception Questionnaire (B-IPQ) erfaßt.
Patientenzeichnungen bei Lungenkrebs
Aufschlußreiche Ergebnisse lieferte die Studie von Hoogerwerf MA et al. unter dem Titel "Gefühle sind Fakten".
Bei 12 Patienten mit neudiagnostiziertem NSLC wurde die Krankheitswahrnehmung mittels B-IPQ und Interview erfaßt. Sie erhielten zudem die Aufforderung, ihre Wahrnehmung der erkrankten Lunge zu zeichnen.
Fazit für die Praxis
Die bisherigen Studien zu Patientenzeichnungen bei COPD und Lungenkrebs liefern interessante Ansätze für die psychopneumologische Forschung und Praxis. Erste Schritte werden unternommen. So nutzt beispielsweisen das IARA-Modell die Erkenntnisse durch Patientenzeichnungen für ein integratives COPD-Management.
Es bleibt zu wünschen, daß die Erfassung und Nutzung der Krankheitswahrnehmung (auch mittels Patientenzeichnungen) einen Stammplatz im Methodenkoffer der Psychopneumologie findet.