Äußern Apotheker bei einer Individualrezeptur pharmazeutische Bedenken, ist der verordnende Arzt gefragt. Wie ein Gericht jetzt urteilte, müssen Änderungen der Rezeptur nicht mit dem Patienten abgestimmt werden, sondern nur mit dem Arzt.
Jagdszenen aus Oberbayern: Eine Kundin erhielt von ihrem Arzt Progesteron als zehnprozentige topische Zubereitung verordnet und ging zur Apotheke. Dort weigerte man sich, das Präparat herzustellen. Nach Rücksprache mit dem Mediziner korrigierte eine Apothekerin die Konzentration und vermerkte: „nach ärztlicher Rücksprache 5 % bereits hochdosiert genug“. Doch die Patientin war nicht bereit, ihre Rechnung zu begleichen. Es handelte sich um ein Privatrezept. Bald darauf sahen sich beide Seiten vor dem Gericht wieder (Amtsgericht München, Az.: 158 C 8825/16).
Die Richter stellten fest, dass ein Kaufvertrag zustande gekommen war. Anschließend mussten sie klären, welche Beschaffenheit die Rezeptur hatte. Mit dem Auftrag selbst seien apothekerliche Pflichten verbunden, hieß es weiter. Das betrifft vor allem die Apothekenbetriebsordnung (ApBetrO), Paragraph 7: „Enthält eine Verschreibung einen erkennbaren Irrtum, ist sie unleserlich oder ergeben sich sonstige Bedenken, so darf das Arzneimittel nicht hergestellt werden, bevor die Unklarheit beseitigt ist.“ Die Ärztin selbst gab ebenfalls eine Zeugenaussage zu Protokoll, hielt 10 % Progesteron zwar für vertretbar; im Dialog mit der Apothekerin war sie mit 5 % Wirkstoffanteil jedoch einverstanden. Jetzt muss die Patientin alle Rezeptur- und Gerichtskosten inklusive Zinsen begleichen. Dass sich die Apothekerin trotz vergleichsweise kleiner Beträge um eine juristische Klärung bemüht hat, könnte Kollegen mit ähnlichen Problemen helfen.
Im aktuellen Urteil zeigt sich einmal mehr, dass für patientenindividuelle Rezepturen besondere Pflichten gelten. Das betrifft aber nicht nur Aspekte der ApBetrO. Ein Widerrufsrecht besteht laut Paragraph 312g des Bürgerlichen Gesetzbuchs nicht bei „Verträgen zur Lieferung von Waren, die nicht vorgefertigt sind und für deren Herstellung eine individuelle Auswahl oder Bestimmung durch den Verbraucher maßgeblich ist oder die eindeutig auf die persönlichen Bedürfnisse des Verbrauchers zugeschnitten sind“. Als weitere Ausnahme werden „Verträge zur Lieferung von Waren, die schnell verderben können (...)“ genannt.