Männer, die oft Sex haben oder zumindest häufig ejakulieren, verringern ihr Risiko, an Prostatakrebs zu erkranken. So lautet das Ergebnis einer aktuellen Studie. Die Freude kommt allerdings etwas zu früh: Denn die Arbeit weist etliche Schwächen auf.
Sex sells – das scheint auch für die medizinische Fachwelt zu gelten. Unlängst sorgte eine Studie von Jennifer R. Rider von der Boston University School of Public Health für Aufruhr. Immerhin kommt sie zu dem Schluss: Wer häufig ejakuliert, schützt sich vor Prostatakrebs. Sehen wir uns die Datenlage etwas genauer an.
Häufige Ejakulationen, weniger Prostata-Ca?
Rider hat sich mit der dritthäufigsten Krebserkrankung von Männern befasst. Sofort hinter Lungen- und Darmkrebs rangiert Prostatakrebs auf dem dritten Platz des negativen Siegertreppchens. Die Deutsche Krebsgesellschaft spricht von etwa 60.000 Neuerkrankungen bei uns. Über Maßnahmen zur Früherkennung streiten Experten mit großer Leidenschaft. Der wissenschaftliche Disput ist ohnehin irrelevant, da Männer als bekannte Vorsorgemuffel um Arztpraxen einen weiten Bogen machen.
Dem vermeintlich starken Geschlecht gefällt Riders Ansatz schon viel besser. Die Forscherin wollte wissen, ob häufige Ejakulationen zu weniger Prostata-Ca führen. Sie arbeitete mit Daten von 31.925 Männern aus der Health Professionals Follow-up-Studie. Alle Teilnehmer wurden befragt, wie oft sie ejakulierten. Männer übertreiben bekanntlich gern. Deshalb haben Forscher Daten zu drei Zeiträumen erhoben: im Alter von 20 bis 29 Jahre, von 40 bis 49 Jahren und im Jahr vor Versand der Fragebögen.
Abstinente Risikogruppe
Innerhalb von 480.831 Personenjahren kam es bei 3.839 Männern zu einem Prostata-Karzinom. Wer mindestens 21 Mal im Monat ejakulierte, erkrankte um ein Fünftel seltener an Prostatakrebs. Zum Vergleich diente eine Gruppe, die nur vier bis sieben Mal pro Monat Hand anlegte. Zwischen Selbstbefriedigung und Sex unterschied die Forscherin jedoch nicht.
„Diese Befunde liefern zusätzliche Beweise für eine positive Rolle einer häufigeren Ejakulation während des gesamten Erwachsenenlebens in der Ätiologie von P-Ca, insbesondere bei Erkrankungen mit geringem Risiko“, schreibt Rider. Wer seltener Sex hatte, entwickelte scheinbar häufiger aggressive Varianten.
Fragen über Fragen
Die Ergebnisse klingen als Argument für Geschlechtsverkehr oder Selbstbefriedigung recht erfreulich, haben jedoch ihre Schwächen. Wie so oft handelt es sich um eine Kohortenstudie. Jennifer Rider bemüht sich redlich, methodische Verzerrungen mathematisch zu korrigieren, kann jedoch keine Kausalitäten beweisen.
Im Netz kursiert immer wieder die These, krebserregendes 3-Methylcholanthren, wie es beispielsweise im Zigarettenrauch vorkommt, werde durch Masturbation aus dem Körper gespült. Diesen Erklärungsansatz findet man in einer Studie von Epidemiologe Giles. Es handelt sich dabei aber um einen Erklärungsansatz ohne Beweisgrundlage.
Apropos Fleischeslust: Rotes Fleisch, Geflügel oder Eier erhöhten ebenfalls das Risiko. Von der Zigarette danach ganz zu schweigen.