Muskelkater ist im Allgemeinen wenig beliebt. Deshalb nehmen viele Profi- und Hobby-Sportler regelmäßig Antioxidantien ein oder essen gezielt Lebensmittel, die reich an Antioxidanzien sind – in der Hoffnung, damit den Muskelkater zu reduzieren. Kann das funktionieren? Ein aktuelles Cochrane Review liefert Antworten.
Wenn man in der Medizin nach guter Evidenz bei bester wissenschaftlicher Methodik sucht, wird man häufig in Cochrane Reviews fündig. So gibt es sehr gute Cochrane Reviews zur (unwirksamen) Krebsprävention mit Selen-Supplementen (Vinceti et al. 2018) oder zur (unwirksamen) Knochenbruch-Prävention mit Vitamin-D-Supplementen (Zhao et al. 2017). Nun wurde in einem Cochrane Review die Studienlage zu der Frage ausgewertet, ob Muskelkater durch Antioxidantien verhindert oder zumindest reduziert werden kann (Ranchordas et al. 2018).
Die eigentliche Ursache von Muskelkater ist nach wie vor unklar. Diskutiert werden unter anderem Faktoren wie eine erhöhte Lactat-Konzentration, Mikro-Muskelfaserrisse, ein intramuskulärer Temperaturanstieg und entzündungsähnliche Prozesse. Da im Rahmen dieser Gewebeschädigungen auch vermehrt freie Radikale entstehen, wird von Seiten der Supplement-Hersteller verbreitet, dass radikalfangende Antioxidantien einem Muskelkater vorbeugen könnten.
Antioxidantien aus Supplementen und Nahrung
In die Auswertung eingeschlossen waren 50 verschiedene Studien mit insgesamt 1.089 Teilnehmern. 90 Prozent der Teilnehmer waren männlich, die Altersspanne lag zwischen 16 und 55 Jahren. Sämtliche Studien waren placebokontrolliert und (quasi-)randomisiert. Erfasst wurden alle zugeführten Antioxidantien jenseits der üblichen Ernährung, und zwar sowohl in Form von Supplementen als auch über spezielle Lebensmittel.
Zu diesen Lebensmitteln, die aufgrund ihres Antioxidantiengehalts als relevant gewertet wurden, zählten die Studienautoren Zitrusfrüchte, dunkles Obst (Kirschen, Blaubeeren, Trauben), dunkles Gemüse, Nüsse, Tee (grün und schwarz) sowie Olivenöl. Von den Sportlern eingenommene Supplemente enthielten, einzeln oder in Kombination, Vitamin C, Vitamin E, Carotinoide, Polyphenole, Glutathion, Acetylcystein und Coenzym Q10.
Die Einnahme der Antioxidantien erfolgte entweder am Trainingstag selbst oder am Tag davor oder danach. Als muskelkaterauslösende Aktivitäten wurden – je nach Einzelstudie – entweder gerätebasiertes Krafttraining oder Ganzkörpertraining (Laufen, Radfahren, Step-Aerobic) angewendet. Der anschließend auftretende Muskelschmerz wurde in fast allen Studien mittels visueller Analogskala (VAS) erfasst. Um die Vergleichbarkeit sicherzustellen, wurden diese Werte von den Cochrane-Autoren auf eine 10cm-VAS reskaliert. Als klinisch relevant wurde dabei eine Schmerzreduktion definiert, die einer Skalenveränderung von mindestens 1,4 cm entsprach.
Vorteil für Antioxidantien?
Treten nach der Aufnahme von Antioxidantien nun also weniger Muskelschmerzen auf? Tatsächlich zeigte sich ein leichter Trend, der diesen Zusammenhang zu bestätigen scheint. Zu den Messzeitpunkten 6–96 Stunden nach der Trainingsbelastung war die Schmerzintensität bei den Antioxidantien-Anwendern minimal geringer als in der Placebogruppe. Doch kein Grund, jetzt direkt die nächste Großpackung Supplemente zu bestellen: Die Schmerzreduktion zeigte sich zwar anhand eines eindeutigen Trends, doch in keinem Fall war sie so ausgeprägt, dass man von einem „klinisch relevanten Effekt“ (mindestens 1,4 cm Skalenveränderung) sprechen könnte. So betrug die mittlere Schmerzreduktion der Antioxidantien-Gruppen gem. VAS-Werten im Vergleich zur Placebo-Gruppe zu den unterschiedlichen Messzeitpunkten -0,52 cm (6 h), -0,17 cm (24 h), -0,41 cm (48 h), -0,29 cm (72 h), -0,03 (96 h).
Die Evidenz dieser Ergebnisse ist aufgrund der sehr unterschiedlichen Studien und eines hohen Verzerrungsrisikos laut Cochrane-Autoren lediglich „gering bis mittel“. Nebenwirkungen (Durchfall) wurden vor allem für Supplemente mit Acetylcystein beschrieben.
Antioxidantien machen keinen relevanten Unterschied
So ist das Fazit der Autoren auch eindeutig: „Die festgestellten Unterschiede in der Schmerz-Intensität sind so gering, dass sie in der Praxis wahrscheinlich keinerlei Unterschied machen.“ Diese Aussage gilt selbst für die höchstdosierten Antioxidantien.
Und jetzt? Mal wieder gibt es einen guten Grund, Supplemente nicht einzunehmen. Also am besten Trainingsmethoden optimieren oder Schmerz aushalten. Oder antioxidantienreiches Obst und Gemüse essen – einfach, weil es gut schmeckt, auch ohne dass es Muskelkater reduziert.