„Genau das, was ich in der Klinik hatte“, verlangt die Kundin. Auf dem Rezept steht: Vliesstoffkompresse, 20 × 20 cm. Das dürfte leicht zu bestellen sein. Als die Ware eintrifft, ist sie unzufrieden. „Nein, die nicht.“ Ich rufe die Klinik an und spreche mit dem Arzt. Er lüftet das Geheimnis.
Die etwas schwierige Patientin Frau Chatterer (multimorbid, allergisch gegen fast alles, nimmt viele Medikamente) kommt mit einem Rezept für ihre offenen Hautstellen aus der Klinik zurück.
Sie ist ziemlich übergewichtig und hat häufiger Probleme mit der Haut. Vor allem aber in den Hautfalten, wo sich im Sommer die Wärme staut. Wenn man dann auch noch zusätzlich schwitzt, kann es sich häufiger entzünden. Sie ist nicht deswegen in der Klinik gewesen, allerdings haben sie es dort mitbehandelt. Offenbar auch gut.
Auf dem Rezept steht eigentlich nur: Vliesstoffkompresse, 20 × 20 cm. Einfach genug. Sollte man meinen.
„Es muss aber genau das sein, was drauf steht. Eben das, was ich dort auch hatte“, verlangt Frau Chatterer.
„Diese Größe finde ich aber leider nicht im Computer. Die größten, die ich bestellen kann, sind 10 x 20cm.“
„Dann nehmen sie die, ich hätte die anderen sowieso zusammengelegt. Aber es müssen ganz weiche sein!“
„Das sind Vliesstoffkompressen. Die sind weich.“
Also bestellen wir ihr genau diese für den nächsten Tag und bringen sie ihr nach Hause. Sie ist nicht sehr gut zu Fuß. Ihre Wohnung verlässt sie deswegen auch nicht so gerne.
Mittags klingelt dann das Telefon. Es ist Frau Chatterer: „Das sind nicht die richtigen Kompressen!“
„Das sind Vliesstoffkompressen, so wie der Arzt es verschrieben hat.“
„Ja, aber das sind nicht die, die ich in der Klinik hatte! Die waren besser. Und größer. Es müssen genau die sein. Könnten Sie nicht anrufen und fragen, was die dort nehmen?“
Na gut, ich versuche es also. Wer diesen Blog regelmäßig liest, weiß aber auch, wie ungern ich bei der Klinik anrufe.
Nach einigem Weiterverbinden lande ich endlich auf der richtigen Station. Ich bitte darum, in den Unterlagen nachzusehen. Als Antwort bekomme ich allerdings nur, dass sie das Pflegematerial nicht einzeln auflisten. Nein, sie können mir nicht einmal sagen, was sie so „allgemein“ verwenden.
Ich rufe die Patientin zurück, die mit dieser „Auskunft“ – sagen wir mal so – nicht zufrieden ist.
Frau Chatterer möchte der Sache auf den Grund gehen: „Dann fragen Sie doch den Arzt, den ich am Schluss hatte. Der hat das auch verwendet. Ich weiß noch, dass er sie immer von oberhalb des Waschbeckens genommen hat. Da muss er dann ja nur rasch nachschauen, was das genau war.“
Sie gibt mir den Namen des Arztes und ich versuche es erneut. Ich bekomme ihn tatsächlich ans Telefon und frage nach.
Er fängt an, herumzudrucksen: „Ja, die Kompressen, die wir für zwischen die Hautfalten gebraucht haben … die habe ich von dem Schränkchen in der Toilette. Das sind so Tücher, die … äh … eigentlich zum Reinigen des Waschbeckens verwendet werden.“
Ich bin etwas baff: „Das ist äh, Reinigungsmaterial?“
„Ja, das kann man nicht verschreiben. Deshalb habe ich einfach die Vliesstoffkompressen aufgeschrieben.“
„Oookay. Danke für die Auskunft.“
Natürlich entschärfe ich diese Geschichte und erzähle Frau Chatterer, dass wir das genutzte „Spezialmaterial“ aus der Klinik leider so nicht bestellen können.
Sie nimmt es ohne Murren hin: „Dann nehme ich halt weiterhin Papiertaschentücher wie vorher. Das geht auch.“