Während Ärzte seit Jahren verpflichtend Fortbildungen zu besuchen, drücken sich Apotheker immer noch davor. In Österreich versucht die Kammerpräsidentin Nägel mit Köpfen zu machen. Was hindert deutsche Apotheker daran, sich selbst zu Fortbildungen zu verpflichten?
„Zu einem verpflichtenden Fortbildungsprogramm für Apotheker existieren in der Österreichischen Apothekerkammer bereits Unterlagen aus dem Jahr 2012. Das wurde damals nicht umgesetzt“, stellte Kammerpräsidentin Ulrike Mursch-Edlmayr Ende Dezember überrascht fest. Sie macht sich jetzt für verbindliche Regelungen stark und schielt in Richtung Ärzteschaft. Mediziner im Nachbarland müssen mit zertifizierten Fortbildungsveranstaltungen, Kongressen oder Fachliteratur innerhalb von drei Jahren 150 Fortbildungspunkte sammeln. Die Situation erinnert stark an Deutschland.
Selbstverpflichtungen reichen nicht aus
Dazu ein kurzer Rückblick: Schon im Jahr 2014 präsentierte die „Zukunftswerkstatt“, ein Arbeitskreis aus Baden-Württemberg, etliche Vorschläge. Dazu gehörten auch verpflichtende Fortbildungen, um neue Tätigkeiten zu übernehmen, etwa Impfungen, Folgeverordnungen, oder Verlaufskontrollen von Therapien.
Wenig später verabschiedeten Standesvertreter ihr Perspektivpapier „Apotheke 2030“, bleiben in punkto Qualifizierung aber vage: „Die Kernkompetenz der öffentlichen Apotheken stützt sich auf die hohe Qualifikation ihres Personals und dessen starker Identifizierung mit dem Beruf. (…) Die Apotheker sowie das nicht approbierte pharmazeutische Personal und alle Mitarbeiter halten ihr Fachwissen stets auf aktuellem Stand.“ Daraus lässt sich wenig ableiten. Bereits heute besuchen etliche Kolleginnen und Kollegen Fachveranstaltungen, während sich einige wenige konsequent davor drücken.
Dr. Andreas Kiefer, Präsident der Bundesapothekerkammer, fand im Rahmen einer Fortbildungsveranstaltung deshalb deutliche Worte: „Wenn wir die Ausbildung ändern, wird nicht automatisch alles gut“, konstatierte er mit Blick auf Reformen des Pharmaziestudiums. Er regte an, Kammern sollten überlegen, ob eine Nachweispflicht sinnvoll sei. Das war Anfang 2015. Seither ist nichts passiert.
Gleichberechtigter Partner mit Wissensdefiziten
Apotheker wünschen sich dennoch, als gleichberechtigte Partner neben Ärzten die Pharmakotherapie zu begleiten. Ihre großen Strategien, nämlich Medikationsanalyse und Medikationsmanagement, leisten einen Beitrag zur Verbesserung der Pharmakotherapie. Dass alle Pharmazeuten hier auf gleichem Wissensstand sind, darf bezweifelt werden. Nur, wie könnte es weitergehen? Im Moment fordert der Gesetzgeber von allen Apotheken im Rahmen der Grundversorgung die gleichen Leistungen. In fünf oder zehn Jahren könnte sich die Spreu vom Weizen trennen. Wer sich für neue Services qualifiziert, kann stärker als bisher pharmazeutisch arbeiten und bestenfalls auch zusätzliche Honorare abgreifen. Die leidige Kontroverse um Honorare macht einmal mehr deutlich, dass Dienstleistungen – und nicht Packungen – als Basis heranzuziehen sind. Zuletzt hatten Experten im Auftrag des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie (BMWi) festgestellt, Inhaber würden pro Betriebsstätte 40.000 Euro zu viel erhalten. Auch hier geht es um die Frage, welche Leistungen vom Sozialsystem zu vergüten sind.
Politiker haben momentan zwar andere Sorgen. Früher oder später müssen sie zu den Zahlen aber Stellung beziehen. Und früher oder später wird die Frage auftauchen, warum sich Apotheker – anders als Ärzte – immer noch keine Selbstverpflichtung zur Fortbildung gegeben haben.
Nicht nur die Fehler der anderen kopieren
Bereits im Jahr 1999 beschloss der Ärztetag, bundesweit einheitliche Fortbildungsnachweise umzusetzen. Die Idee erinnert im Großen und Ganzen an freiwillige Fortbildungszertifikate der Apothekerkammern. Mit dem Gesetz zur Modernisierung der Gesetzlichen Krankenversicherungen (GMG) wurde aus einem berufsrechtlichen Thema plötzlich ein Bestandteil des Sozialgesetzbuchs. Im letzten Schritt waren wieder Ärzte am Zuge. Sie beschlossen Mitte 2004, wie die Continuing Medical Education (CME) umzusetzen ist.
Ihr System ist nicht frei von Kritik – und sollte keinesfalls unreflektiert auf Apotheker übertragen werden. Hersteller versuchen laut MEZIS über Fortbildungen, Ärzte als Verordner zu beeinflussen. Das hat aus wissenschaftlicher Sicht mehrere Konsequenzen:
Bleibt als Problem, dass nach den Empfehlungen der Bundesärztekammer „angemessenes“ Sponsoring erlaubt ist, solange Sponsoren keinen Einfluss auf Inhalte nehmen. „Dies nachzuweisen ist im konkreten Fall schwierig und für die Landesärztekammern praktisch nicht zu leisten“, kritisiert Manja Dannenberg von MEZIS. Ihr Verein fordert deshalb, Sponsoring in jeder Form zu unterbinden: ein Aspekt, den auch Apotheker überdenken sollten, bevor sie Verpflichtungen umsetzen.