Monat für Monat geben Inhaber hunderte Euro für Kundenmagazine aus. Es muss schon die „Umschau“ sein. Gab es da nicht noch etwas? Richtig – die neue Apotheken Illustrierte, eigentlich ein Magazin des Berufsstands. Nur das wollen weder Kunden noch Apothekenleiter. Ein Trauerspiel.
Das Kölner Institut für Handelsforschung (IFH) warf im letzten Monat einen Blick auf Kundenmagazine. Befragt wurden rund 200 Inhaber. Sie geben für Zeitschriften monatlich 251 bis 500 Euro (51 Prozent) oder sogar 501 bis 1.000 Euro (32 Prozent) aus.
Marketing-Instrument oder Lesefutter für Geizhälse?
Inhaber sehen die kostenlosen Heftchen als besondere Serviceleistung für Kunden (66 Prozent Zustimmung). Sie versuchen, sich dadurch von Konkurrenten im Markt ohne entsprechende Angebote abzugrenzen (29 Prozent Zustimmung). Wobei das Alleinstellungsmerkmal eher fraglich ist – ein Großteil aller Apotheken ist gezwungenermaßen mit im Boot.
Rund 84 Prozent der Befragten kreuzten an, Kunden würden häufig nach kostenlosen Zeitschriften fragen. Lediglich 28 Prozent geben die Zeitschriften nur ab, sollten Kunden gezielt nachfragen. Und 57 Prozent kritisieren, Kunden kämen nur vorbei, um ihre Blättchen abzuholen, ohne etwas zu erwerben.
Die Umschau bleibt alternativlos
Bleibt zu klären, welche Medien besonders beliebt sind. Die Antwort überrascht nicht. Mit 56 Prozent aller abgegebenen Hefte rangiert die Apotheken Umschau konkurrenzlos auf dem ersten Platz, gefolgt vom Senioren Ratgeber (9 Prozent) und vom Diabetes Ratgeber (8 Prozent). Alle drei Zeitungen kommen vom Wort & Bild-Verlag, einem privatwirtschaftlichen Unternehmen.
Die Avoxa – Mediengruppe Deutscher Apotheker GmbH, ein Tochterunternehmen der ABDA, hat ihre Neue Apotheken Illustrierte im Angebot. Bei der aktuellen IFH-Umfrage gaben knapp 6 Prozent der Inhaber an, das im weitesten Sinne berufsständisch verankerte Blättchen auszulegen.
Offizielle Mediadaten der Apotheken Umschau und der Neuen Apotheken Illustrierten bestätigen dies:
Beide Seiten haben letztlich ihren Beitrag geleistet, dass es zu diesem Unterschied kommt. Während die Neue Apotheken Illustrierte im Verborgenen (ver)blüht, setzt die Apotheken Umschau auf Marketing, um ihren Bekanntheitsgrad weiter auszubauen. Dazu gehören auch Kampagnen, die eigentlich vom Berufsstand kommen müssten.
Erfolgreich eingeschleimt
Angesichts sinkender Apothekenzahlen und drohender Rx-Boni-Gefahren hat sich der Wort & Bild-Verlag zu einer cleveren Imagekampagne entschlossen. Unter dem Motto „Danke, Apotheke“ flimmerten Spots über den Äther, die Konsumenten auch erreichten. Das Budget war mit Sicherheit immens, hat sein Ziel aber erreicht. Streng genommen nutzten sie die Not der Apothekerschaft, um eine Kuschelkampagne zu lancieren. Auf vergleichbare Projekte der ABDA warten Kollegen bis heute. Am Budget kann es nicht liegen. Laut Geschäftsbericht summierte sich der Haushalt auf mehr als 17 Millionen Euro (Stand 2016).
Es kam aber noch besser. Jahr für Jahr schreibt die AVOXA ihren Medienpreis aus. Bei der Letzten Expopharm ging die begehrte Auszeichnung gerade an die Konkurrenz, sprich den Wort & Bild-Verlag, für „Danke, Apotheke!“. ABDA-Chef Friedemann Schmidt lobte die Konkurrenz als einen jener Verbündeten, „die uns dort unterstützen, wo wir vielleicht nicht so gut sind, wie wir sein wollen“. Das ist schon mal eine Erkenntnis.
Den eigenen Verlag stärken
Die meisten Anwesenden schienen sich wenig bei diesem grandiosen Fauxpas zu denken. Nur die Apothekerkammer Westfalen-Lippe (AKWL) wähnte sich im falschen Film. Kammerpräsidentin Gabriele Regina Overwiening verließ mit ihrer Entourage die Jubelveranstaltung.
„Als Kammer arbeiten wir seit Jahren daran, den eigenen Verlag zu stärken“, erklärte AKWL-Geschäftsführer Michael Schmitz gegenüber Medienvertretern. „Gewinne, die heute der Wort & Bild Verlag mit der Apotheken Umschau macht, könnte die ABDA gut gebrauchen – auch um die stetig steigenden Mitgliedsbeiträge abzufedern.“ Er vermutet, die ABDA habe sich von der Neuen Apotheken Illustrierten innerlich längst verabschiedet.
Vertane Chance
Dabei hätte die Apothekerschaft eigene Magazine für Laien mehr als nötig. Pharmazeutische Expertise ist vorhanden, und journalistisches Wissen kann zugekauft werden. Ein moderneres Erscheinungsbild sollte auch möglich sein, Agenturen gibt es wie Sand am Meer.
Der Knackpunkt: Über ein Heftchen, das Kunden – Politiker eingeschlossen – wirklich lesen, gelingt es eher, Botschaften zu transportieren als über Poster oder Flyer. Apotheker, wacht auf und macht die Neue Apotheken Illustrierte zu Eurer Speerspitze.