Wer jetzt einen launigen Artikel über nahezu sterbende Männer bei einer simplen Erkältung erwartet, den muss ich leider enttäuschen. Welcher Apotheker hat Freude daran, Kunden mit sexistischen Flachwitz-Prospekten zu versorgen? Nennt mich spaßbefreit. Ich mach da nicht mit.
Ich teile einfach diesen Sinn für Humor nicht und finde ihn in einer Apotheke schlicht unangebacht. Klosterfrau findet das offenbar nicht. Seit gut zwei Jahren werden wir andauernd mit diversen Materialien zugeschüttet, die wir nach einem müden Lächeln in den Papierkorb werfen. Schade um den ganzen Aufwand!
Aus einem Running Gag wurde eine Kampagne (samt Webauftritt und Logo), die vielen inzwischen gehörig auf den Geist geht. Letztes Jahr gab es passende Postkarten mit entsprechenden Sprüchen sowie Schlüsselanhänger aus Filz. Dieses Jahr wurde der ganz große Wurf geplant. Wir bekamen eine Weihnachtsdeko samt Pappbaum und allem Pipapo, weitere Karten mit „Witzen“ zum Thema sowie Broschüren über die Männergrippe, die schon deutlich jenseits des guten Geschmacks liegen. Unter anderem eine „Lebensanzeige“ eines Überlebenden der Männergrippe.
Wahrscheinlich bin ich irgendwie spaßbefreit, denn es scheint ja offenbar vielen Leuten zu gefallen. Besonders Frauen, die sich gegenseitig triumphierend auf die Schultern klopfen und bei Sprüchen wie diesen wissend mit den Augen rollen:
Was soll das? Ist das auch nur einen Deut besser als sexistische Witzchen, die Frauen beleidigen? Geht die nächste Firmenkampagne jetzt in die andere Richtung und verteilt Mario Barth Zitate, um sich über Frauen lustig zu machen?
Für mich hat diese so wahnsinnig erfolgreiche Werbeaktion nichts mehr mit der Apotheke zu tun. Soll Klosterfrau seinen/ihren Frust doch bitte woanders in die Welt hinein tragen. By the way: Würdet ihr als Mann nach dem Durchlesen dieser Broschüre von der ensprechenden Firma etwas kaufen wollen?
Ganz ehrlich – wem soll ich denn so ein Witzblatt mitgeben? Dem Mann der gerade mit dröhnenden Kopfschmerzen, einem Hals wie ein Reibeisen und zugeschwollenen Atemwegen vor mir steht? Lacht der dann plötzlich schallend darüber oder fühlt er sich von mir (Verzeihung) verarscht?
Es gibt heutzutage zum Glück genügend Männer, die ihren Teil im Haushalt und bei der Kindererziehung beitragen. Genau diese treffe ich doch, wenn ich mich pauschal über ein Geschlecht mokiere und amüsiere.
Drehen wir den Spieß doch einmal um. Wie groß wäre der Aufschrei, wenn Bayer ihr Aspirin mit folgendem Flachwitz bewerben würde:
Oder sollen wir mal die ganze Kiste mit den Menstruations- und Wechseljahreswitzen auspacken, wenn wir schon dabei sind? Da hätten wir bei entsprechenden Werbekampagnen bestimmt auch bald die 500 000 Likes in 2 Jahren beisammen. Nur… wollen wir das wirklich? Ist das das Niveau, auf das sich die Apotheken begeben sollten?
Ich habe (wie auch der Rest des Teams) jedenfalls keine Lust darauf, bei derart flachen und billigen Witzen, die auf Kosten unserer kranken (!) Patienten gehen, mitzumachen und die gesamte gelieferte Dekoration landete direkt im Müll. Ich hoffe, dass die meisten Apotheken so verfahren.