Ab 1. Oktober müssen Ärzte einen Medikationsplan ausstellen, wenn Patienten dies wünschen. Kritik der Apotheker: Sie hatten weder Mitspracherecht bei der Entwicklung noch Anspruch auf Vergütung. Dabei zählt es zu ihren Aufgaben, den Plan zu aktualisieren.
Regelmäßig entstehen in Deutschland durch Medikationsfehler unerwünschte Wechsel- und Nebenwirkungen. Das hat jährlich rund 500.000 Notaufnahmen und zur Folge, davon sind 20.000 Todesfälle – so lautet zumindest die Schätzung von Experten, die Dunkelziffer könnte weit höher sein. Durch genaues Dokumentieren sollen Fehler dieser Art zukünftig vermieden werden. Ab 1. Oktober tritt die neue Regelung des E-Health-Gesetzes in Kraft. Patienten haben ab sofort Anspruch auf einen vom Arzt erstellten Medikationsplan, sobald sie drei oder mehr Arzneimittel gleichzeitig über einen Zeitraum von mindestens 28 Tagen einnehmen.
Der Medikationsplan sorgt für mehr Transparenz. Alle, die an der Behandlung beteiligt sind, sollen in naher Zukunft unmittelbaren Zugriff auf benötigte Informationen haben, das betrifft konkret Ärzte, Krankenhäuser, Pflegekräfte, Apotheker und natürlich den Patienten selbst. Zuständig sind in erster Linie Hausärzte. Sie sind dazu verpflichtet, den Plan für betroffene Patienten auszustellen – nur wenn Versicherte keinen Hausarzt haben, übernimmt ein Vertragsarzt diese Aufgabe. Aktualisiert werden die Daten optimalerweise aber von allen Ärzten sowie von Apothekern, wenn der Patient dies wünscht.
Natürlich bedeutet der Medikationsplan neben Fortschritt auch zusätzliche Arbeit. Die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KVB) und der GKV-Spitzenverband haben sich deshalb hinsichtlich einer Vergütung geeinigt. Für niedergelassene Ärzte soll es für das Jahr 2017 ein Plus von ca. einer Milliarde Euro geben, davon rund 163 Millionen Euro für das Anlegen und Aktualisieren von Medikationsplänen.
Was die Entwicklung des Gesetzes angeht, gibt es Kritik seitens der Apotheker: „Ein Medikationsplan ist sinnvoll, ohne begleitende Medikationsanalyse und kontinuierliches Medikationsmanagement allerdings nur ein erster Schritt. Aber es ist ein Konstruktionsfehler und eine Schieflage, dass beim Umgang mit dem Medikationsplan die Fachkompetenz der Apotheker nicht stärker eingebunden wird“, sagt Dr. Andreas Kiefer, Präsident der Bundesapothekerkammer (BAK).
Laut Kiefer werden Ärzte zu Recht für den Mehraufwand vergütet. Allerdings sollte das auch für die Apotheker gelten, wie er betont: „Beim Medikationsplan und dessen Honorierung besteht dringender Handlungsbedarf - spätestens in der nächsten Legislaturperiode, wenn der elektronische Medikationsplan eingeführt wird. Nur wenn es Ärzten und Apothekern gemeinsam gelingt, den elektronischen Medikationsplan als Werkzeug zur Herstellung von Arzneimitteltherapiesicherheit zu konsolidieren, profitieren die Patienten davon,“ so Kiefer.
Weitere Programmpunkte, die im Rahmen des Medikationsplans vorgesehen sind, betreffen den Aufbau einer Datenbank zur Dosierung von Arzneimitteln für Kinder. Auch eine Medikationsplan-App für Sehbehinderte steht auf der Liste. Diese Projekte werden vom Bundesministerium für Gesundheit (BMG) in den Jahren 2016 bis 2019 mit knapp 3 Mio. Euro unterstützt. Vorerst gibt es den Plan nur auf Papier, doch das ist nur eine Übergangslösung. Ab 2018 können alle Daten in digitaler Form erfasst und auf der Gesundheitskarte gespeichert werden, wenn der Patient das will. Auf die Papierversion hat er nach wie vor Anspruch.