Ärgerlich, wenn apothekenexklusive Produkte auf einmal im Massenmarkt auftauchen. Apotheke und Drogerie sind zwei verschiedene Dinge. Es gibt Gründe, warum man bei uns nicht geschminkt wird und DM oder Rossmann nicht über Nebenwirkungen von Johanniskraut aufklären.
In meinem PTA-Forum kocht sie gerade wieder hoch – die Diskussion darüber, ob man sich über das Gesundheitssortiment von DM oder Rossmann aufregen sollte. Gut. Dass es dort Heftpflaster, Vitamine und Mineralstoffe oder Hustentees zu kaufen gibt, versteht wohl jeder.
„Schauen Sie am Besten in den Beipackzettel, das weiß ich nicht.“
Aber was ist mit pflanzlichen Arzneimitteln? Sind wirklich alle so ungefährlich, dass man sie dort unters Volk werfen sollte wie Bonbons? Ein Beispiel ist Johanniskraut. Bei gleichzeitiger Einnahme mit selektiven Serotonin-Wiederaufnahme-Hemmern (Sertralin, Trazodon oder Paroxetin) kann sich das Serotonin-Syndrom entwickeln, das mit Verwirrtheit, lebensgefährlichem Blutdruckabfall, Fieber und schlimmerem einher gehen kann.
Diese Wirkstoffe gehören zur Gruppe der Antidepressiva, und Johanniskrautextrakt ist ebenfalls eines. Möglicherweise liegt es für depressive Menschen nahe, zusätzlich noch eine pflanzliche Unterstützung zu suchen. Berät Sie dazu jemand bei Rossmann? Geschweige denn zu den Wechselwirkungen mit der „Pille“ (die sicherlich von mehr Menschen eingenommen wird als Antidepressiva)? Nein. Die lapidare Antwort der Verkäuferinnen ist offenbar häufig „Schauen Sie am Besten in den Beipackzettel, das weiß ich nicht.“
Was bedeutet dieser Begriff „apothekenexklusiv“ eigentlich?
Aber es bringt nichts, sich über Sinn und Unsinn der Apothekenpflichtentlassung verschiedener Medikamente zu erregen. Das hat eine Kommission des BfArm zu entscheiden. Was den Unmut vieler Apotheker und PTA immer wieder hervorruft, ist das Verkaufen eigentlich apothekenexklusiver Ware in Drogeriemärkten – und das nimmt zu. Bei apothekenexklusiven Produkten handelt es sich um apothekenübliche Waren und freiverkäufliche Arzneimittel, die aufgrund der Entscheidung des Herstellers ausschließlich in Apotheken verkauft werden sollten. Da dieser Begriff aber keine rechtliche Bindung hat, ist er quasi den Umkarton nicht wert, auf dem er gedruckt steht.
Es finden sich Woche für Woche immer mehr und neue Produkte, die – obwohl angeblich apothekenexklusiv – in Drogerien weit unter dem UVP angeboten werden. Das ärgert uns natürlich, denn wir versuchen in diesem Markenbereich den ausschließlich in Apotheken erhältlichen Waren den Vorzug zu geben. Man fühlt sich hintergangen, wenn man an gut gefüllten Regalen von Rossman vorbei läuft und auf Marken blickt wie Vichy, Hermes, Wick oder Glaxo Smith Kline. Doch von wem werden wir hintergangen? Die Hersteller beteuern fleißig, sie hätten damit nichts zu tun. Das müsste der Großhandel gewesen sein, oder vielleicht die Apotheken selbst. Mir kommen da Zweifel, denn wie sollten diese wohl noch daran verdienen können, wenn Drogeriemärkte mit Dumpingpreisen von 25 bis über 30 % unter dem UVP die Ware verkaufen?
Massengeschäft mit Folgen
Ich würde davon ausgehen, dass Firmen wie L’Oreal wissen sollten, wem sie derart günstige Konditionen machen, dass er es sich leisten kann, diese Ware so billig abzugeben. Oder wem sie größere Mengen einer Charge verkauft haben – denn gerade bei dieser Firma gibt der Chargenschlüssel so einiges her. Nicht nur den Verfall, sondern auch den genauen Herstellungstag inklusive Herstellungsort. Da müsste doch etwas machbar sein – wenn man denn nur wollte. Das Massengeschäft scheint wohl einfach zu verlockend zu sein. Aber Achtung! So mancher Hersteller, der die Apothekenexklusivität aufgegeben hatte, ist reumütig zurück gekehrt (z.B. Weleda). Wird die für den Kunden anfangs als hochwertig empfundene Ware nämlich an jeder Ecke verramscht und landet gar auf dem Grabbeltisch, so ist es mit der Wertigkeit schnell vorbei. Aber es ist wie immer – das Kind muss in den Brunnen fallen, sonst wird sich nichts ändern.
Falls ihr die Firmen unterstützen wollt, die tatsächlich versuchen, gegen dieses Gebaren vorzugehen: am Besten immer wieder Fotos machen, wenn euch so etwas auffällt. Einmal vom Regal mit den Produkten, und einmal von den Chargennummern. Dann an die Firma oder an deren Außendienst weiterleiten – in der Regel erkennt man recht schnell, wer an Aufklärung interessiert ist, und wem das eher egal ist. Die schlussendlichen Konsequenzen muss dann jede Apotheke für sich selbst festlegen.