Schon eine Tasse Kaffee pro Tag kann das Diabetes-Risiko senken. Dies gilt allerdings nicht für jeden. Winzige Unterschiede im Erbgut bestimmen, ob eine Person im Hinblick auf das Diabetes-Risiko vom Kaffeetrinken profitiert oder nicht.
Ergebnisse verschiedener Bevölkerungsstudien lassen annehmen: Wer viel Kaffee trinkt, hat ein vermindertes Typ-2-Diabetes-Risiko. Dies gilt aber anscheinend nicht für alle Menschen in gleicher Weise. Denn ein europäisches Wissenschaftlerteam hat nun Hinweise darauf gefunden, dass winzige Unterschiede im Erbgut darüber bestimmen, ob eine Person im Hinblick auf das Diabetes-Risiko vom Kaffeetrinken profitiert oder nicht. In der aktuellen Studie werteten Wissenschaftler vom Deutschen Institut für Ernährungsforschung (DIfE) Daten von 18.638 Menschen aus, darunter 8.086 Personen, die im Lauf der Studie an Typ-2-Diabetes erkrankten. Ein Ziel der Forscher war es, das Zusammenspiel von bekannten Diabetes-Risiko-Genvarianten und dem Kaffeekonsum in Hinblick auf das Typ-2-Diabetes-Risiko zu untersuchen.
„Über mehrere Diabetes-Gene hinweg konnten wir beobachten, dass Träger genetischer Risikovarianten, welche die Wirkung bestimmter Darmhormone negativ beeinflussen, stärker vom Kaffeegenuss profitieren als Nichtträger. Insbesondere profitierten Träger einer weit verbreiteten TCF7L2-Genvariante, die mit einem erhöhten Diabetes-Risiko verbunden ist“, sagt Karina Meidtner. Das Gen kodiert ein Eiweißmolekül mit dem Namen transcription factor 7-like 2 (TCF7L2). Ergebnisse anderer Studien weisen darauf hin, dass das von der Risiko-Genvariante kodierte Molekül die Regulation des Blutzuckerspiegels negativ beeinflusst, indem es die Wirkung des Darmhormons GLP-1 vermindert. Gemäß den Resultaten der aktuellen Studie sank bei Trägern der TCF7L2-Risikovariante das Diabetes-Risiko pro täglich konsumierter Tasse Kaffee um bis zu 7 Prozent. Dagegen wirkte sich der Kaffeekonsum bei Menschen ohne Risikovariante weder positiv noch negativ auf das Diabetes-Risiko aus.
„Unsere Ergebnisse lassen auf die Stoffwechselmechanismen schließen, die dem von uns beobachteten Zusammenhang zwischen Kaffeetrinken und dem Diabetes-Risiko zu Grunde liegen“, erläutert Erstautor Alexandros Heraclides. „So lassen sie annehmen, dass Kaffee die Ausschüttung des Darmhormons GLP-1 stimuliert und so den negativen Effekt der TCF7L2-Risikovariante auf die Wirkung des Hormons ausgleicht“, so Heraclides weiter. Natürlich seien aber noch weitere Studien notwendig, welche die bisherigen Ergebnisse untermauern. „Wer Kaffee gut verträgt und ihn gerne trinkt, kann dies auch weiterhin tun“, ergänzt Matthias Schulze, der am DIfE die Abteilung Molekulare Epidemiologie leitet. „Die Ergebnisse unterstützen die positiven Gesundheitseffekte, die für den Kaffeekonsum, insbesondere zum Diabetes-Risiko, beobachtet wurden. Andersherum sollten sich Menschen nicht genötigt fühlen, mit dem Kaffeetrinken zu beginnen. Das Diabetes-Risiko lässt sich auch durch ein gesundes Körpergewicht, den Verzicht auf Rauchen, wenig Fleisch, regelmäßigen Vollkornverzehr und körperliche Aktivität erheblich beeinflussen“, erklärt der Ernährungswissenschaftler weiter. Originalpublikation: Investigation of gene–diet interactions in the incretin system and risk of type 2 diabetes: the EPIC-InterAct study Alexandros Heraclides et al.; Diabetologia, doi: 10.1007/s00125-016-4090-5; 2016