Die schwedische Ostsee-Küstenstadt Norrtälje in der Nähe von Stockholm berichtet von einem ungewöhnlichen Problem: Auf nur 10 Quadratkilometern Fläche soll es angeblich nach Herzstillstand eines/r Bewohners/-in außerhalb des Krankenhauses über 20 Minuten dauern, bis der Rettungsdienst mit einem DEFI vor Ort sein kann?
Autonome Drohne mit DEFI
Das bekannte Stockholmer Karolinska-Instituts hat deswegen eine autonom navigierende Drohne mit einem DEFI im Gepäck getestet, um die Zeit bis zur Defibrillation zu verkürzen: Diese wurde nachträglich simulierend an die Orte der Notfälle entsendet, welche zwischen 2006 und 2014 Schauplätze von realen Rettungsdienst-Transporten mit DEFI-Einsätzen waren (JAMA 2017; 317: 2332–2334). Zu realen Notfällen wurde die DEFI-Drohne bisher noch nicht geschickt.
Die Drohne startete insgesamt 18-mal auf, ausgelöst durch einen Notruf bei der Leitstelle der Rettungsdienste. Das knapp 6 kg schwere Luftfahrzeug mit einer Maximalgeschwindigkeit von 75 km Stundenkilometern, mit GPS- und Autopilotsystem ausgestattet, flog mit dem DEFI im Gepäck im Mittel 3,2 km weit: Wesentlich schneller als auf konventionellem Weg.
Realität der schwedischen Rettungkette
Vom Notruf bis zur Entsendung eines konventionellen Rettungswagens dauerte es im Medianwert drei Minuten, bis zum Abheben der Drohne dagegen nur drei Sekunden. Bis zum Eintreffen am Zielort brauchte der Rettungsdienst im Medianwert immerhin ganze 22 Minuten! Die Drohne schaffte das in 5 Minuten und 21 Sekunden. "Die Einsparung von 16 Minuten ist wahrscheinlich klinisch relevant", schreiben die Studienautoren Andreas Claesson et al. in „Time to Delivery of an Automated External Defibrillator Using a Drone for Simulated Out-of-Hospital Cardiac Arrests vs Emergency Medical Services”. http://jamanetwork.com/journals/jama/article-abstract/2631520
"Die spinnen, die Schweden"?
Was ist das denn in der schwedische Ostsee-Stadt Norrtälje? Auf einer Fläche von weniger als 10 Quadratkilometern "dauert es nach einem Herzstillstand, der sich außerhalb eines Krankenhauses ereignet, über 20 Minuten, bis der Rettungsdienst vor Ort ist"? Das ist eine völlig indiskutable Hilfsfrist für einen Rettungsdienst, nicht nur nach einem Herzstillstand! Und warum dauert es vom Notruf bis zur Entsendung eines Rettungswagens im Median drei volle Minuten? Muss die Besatzung dann erst noch ihr Smørrebrød zu Ende essen?
Wer auf der Kellertreppe seines Hauses mit einem akuten Koronarsyndrom (ACS) zusammenbricht, dem kann auch eine DEFI-Drohne, die im Vorgarten landen muss, nicht mehr weiterhelfen: Oder ist hier DEFI-Selbstbedienung für den akuten Herzpatienten angesagt?
Hilfsfrist bei der Dortmunder Berufsfeuerwehr
Ich zitiere: "Von der Einsatzleitstelle der Feuerwehr werden hierzu geeignete Rettungsmittel mit entsprechend qualifiziertem Personal entsandt. Dies können je nach Lage Krankentransportwagen, Rettungswagen, Intensivtransportwagen sowie Notarzteinsatzfahrzeuge oder Rettungshubschrauber sein.
Grundlage der Einsatzplanung ist der Rettungsdienstbedarfsplan, der in regelmäßigen Abständen durch den Träger aufgestellt und fortgeschrieben wird. In diesem ist auch die sogenannte Hilfsfrist festgelegt, so dass in Dortmund in über 90 % der über Notruf 112 gemeldeten Notfälle das erst-eintreffende Fahrzeug des Rettungsdienstes innerhalb von 8 Minuten vor Ort ist. In ländlichen Bereichen werden für die Hilfsfrist maximal 12 Minuten zugrunde gelegt."
https://www.dortmund.de/de/leben_in_dortmund/sicherheit_und_recht/feuerwehr/ueber_uns_fw/rettungsdienste_fw/index.html
Dortmunder Stadtgebiet 28 mal größer !
Dem ist eigentlich nur noch hinzuzufügen, dass das Stadtgebiet Dortmund eine Flächenausdehnung von 280,4 km² hat, was mehr als dem 28-fachen der schwedische Ostsee-Stadt Norrtälje entspricht: Dort ist der Rettungsdienst selbst eher die lahme Ente ("lame duck")!
Weitere Quelle: "Drones Deliver AEDs Faster Than Ambulances in a Swedish Experiment” von Daniel J. Pallin et al.
http://www.jwatch.org/na44371/2017/06/13/drones-deliver-aeds-faster-ambulances-swedish-experiment
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