Wenn die Beziehung zwischen Apotheker und Kunde in der Regel auch nicht romantisch ist, eine Abfuhr tut trotzdem weh. In einem Artikel, den ich letztens las, berichtet eine Kollegin von jemandem, der nicht mehr von ihr bedient werden wollte. Allerdings aus für mich nachvollziehbaren Gründen.
„Zu Ihnen will ich nicht“ war die Überschrift eines Artikels in apotheke adhoc. Es ging in dem kleinen Bericht um die Gefühle von uns Apothekenmitarbeitern, wenn ein Kunde nicht mehr von uns bedient werden möchte, und ganz unverhohlen eine Kollegin vorzieht.
In diesem geschilderten Fall war es so, dass die Apothekerin in der Rezeptur in Tränen ausbricht, weil eine Kundin sie meidet. Die Pharmazeutin hatte ihr beim letzten Besuch in der Apotheke ein anderes Medikament mitgegeben, als das, was sie gewohnt war. Und das trotz starker Gegenwehr der Dame, die „behauptete“, sie würde etwas anderes nicht vertragen.
Ein Nein tut weh
Ich verstehe die Gefühle der Apothekerin durchaus – es tut weh, so „abserviert“ zu werden, obwohl man wirklich nur das Beste wollte. Aber mal ganz ehrlich? Ich würde dann auch zu einer anderen Kollegin wollen. Im Bericht wird kräftig auf die Tränendrüse gedrückt für die Kollegin, und es wird unterstellt, die Kundin wolle nur das „gewohnte“ Medikament haben, weil es keine Zuzahlung gekostet habe. Der Apothekerin wird geraten, ihre Wortwahl künftig zu überdenken, den Begriff „Rabattvertrag“ aus ihren Diskusssionen zu streichen und Telefonate mit Arzpraxen vor den Kunden zu führen.
NATÜRLICH werden Telefonate, in denen es um die Medikation des Patienten geht, VOR dem Kunden geführt! Wo denn sonst? Auf der Toilette? Es ist doch wohl sonnenklar, dass sich der Mann oder die Frau vorne alleine gelassen fühlt, wenn wir mit dem Telefon minutenlang hinten verschwinden. Selbstverständlich muss er mitbekommen, wie lange wir in der Warteschleife hängen, oder wie lange es dauert in einer Praxis oder im Krankenhaus jemand Verantwortlichen an die Strippe zu bekommen. Das hat aber nichts mit „tue Gutes und Rede darüber“ zu tun, sondern sollte eigentlich im ganz alltäglichen Miteinander normal sein.
Wir rennen nicht einfach weg
Der Kunde ist ja nicht in erster Linie Patient, sondern ein Mensch, der sich Sorgen um seine Gesundheit macht. Wenn es Probleme mit einer ärztlichen Verordnung gibt, dann lasse ich ihn doch nicht alleine, sondern zeige ihm, dass ich für ihn da bin. Wenn jemand nach einem Verkehrsunfall verletzt auf der Straße liegt, dann laufe ich doch auch nicht weg, sondern beruhige ihn und halte die Hand bis der Arzt kommt – das sollte einem schon der gesunde Menschenverstand sagen.
Und was das „Wunscharzneimittel“ angeht: Wozu gibt es denn die „pharmazeutischen Bedenken“ hinsichtlich der Compliance der Patienten? Wenn sich ein Kunde bei einem Rabattvertragswechsel derart ereifert wie im geschilderten Fall, dann habe ich berechtigterweise die Sorge, dass das Medikament nicht so eingenommen wird, wie es gedacht ist. Dann habe ich auch die Sorge hinsichtlich einer Nocebo Wirkung. Und genau dafür ist doch die Sondernummer da, oder nicht? Im Speziellen, wenn mir der Patient auch noch mitteilt, dass er etwas anderes nicht vertragen hat.
Der Patient ist kein Feind
Wer bin ich denn, zu beurteilen, ob er mich „anlügt“? Wenn es jemandem dann doch zu sehr auf dem Herzen liegt, den willfährigen Erfüllungsgehilfen der Krankenkassen zu spielen, kann ich ja noch darum bitten, dass die Praxis beim nächsten Mal ein aut-idem-Kreuz aufdrucken möge. Leute! Die Patienten da sind nicht unsere Feinde, und es hilft gar nichts, sich verzagt in der Rezeptur ein paar Tränchen die heißen Wangen runterlaufen zu lassen. Die Menschen, die täglich bei uns durch die Türe kommen sind unsere Verbündeten gegen die Versandapotheken – unsere Mitstreiter! Wir sollten zusammenhalten gegen das unmenschliche System und nicht immer nur jammern.