Jeder Mensch macht Fehler im Leben, leider lernt man nicht immer daraus und wiederholt sie. Worauf ich hinauswill? Meine ehrliche Antwort auf die berühmte Frage im Zugabteil, Café oder Ferienhotel: „Und, was machst du so?“ Im Moment des Aussprechens weiß man bereits, dass die eigene Aussage nicht ohne Folgen bleiben wird – für mich, meine Familie und alle anderen im Umkreis. „Ich bin Arzt!“
Schon vor vielen Jahren habe ich besagten Fehler zum ersten Mal gemacht und ihn während der gesamten Fahrt zwischen meinem Studien- und Heimatort drei Stunden ausbaden müssen. Es fing doch so nett an. Wir saßen alle in einem komplett gefüllten Abteil eines InterRegios (die gleichen Abteilwagen wurden dann später zum InterCity) und kamen ins Gespräch über dieses und jenes. Die Stimmung war herzlich, man besuchte seine Nichte, seine Kinder, seine Freunde für eine gemeinsame Weiterreise.
„Und, junger Mann! Warum fahren Sie nach Wunderschönstadt?“, fragte mich eine ältere Dame, die ihrer Nichte offensichtlich mit einer Häkelarbeit eine „Freude“ machen wollte.
„Ich fahre übers Wochenende zu meinen Eltern. Möchte auch meine Schulfreunde nach ein paar Wochen wiedersehen.“
Sie studieren Medizin? Ich hab hier einen Ausschlag
„Ach, was machen Sie denn ich Hübschhausen? Studieren Sie?“ Das klang freundlicher, als der begleitende Blick des älteren Herrn wirkte. Seine Augen verrieten, dass er mich deswegen eher für einen Langschläfer und Faulenzer hielt.
„Ja, ich studiere im dritten Semester Medizin!“, entfuhr es mir.
Plötzlich eintretende Stille. Alle Gespräche waren verstummt. Die Zeitung raschelte nicht mehr. Das Papier der Schokoladentafel schwieg. Nur die Fahrgeräusche des Zuges waren zu vernehmen, leise im Hintergrund. Welcher Fahrgast würde nun die immer peinlicher werdende Stille durchbrechen?
„Medizin? Das ist ja toll, dass ich Sie hier treffe!“, entfuhr es plötzlich der sehr schweigsamen Dame gegenüber, die sich bisher sehr verschlossen gegeben hatte. „Seit drei Jahren renne ich von Arzt zu Arzt, keiner kann mir helfen. Dabei ist es so unangenehm und juckt den ganzen Tag“, ergänzte sie und präsentierte dem gesamten Abteil den nicht zu übersehenden Befund.
Vom Regen in die Traufe
Während sie aufsprang, zog sie ihre Bluse hoch und die Blicke aller Mitreisenden auf einen handfesten großflächigen Ausschlag auf ihrem Körper. Die großen Mengen des Unterhautfettgewebes halfen bei der Präsentation. Der ältere Herr blickte geschockt zwischen dem Ausschlag auf dem Bauch und dem zeltartigen BH hin und her. Der vernaschten Dame neben mir fiel beinahe die Schokolade aus dem Mund.
Die Enttäuschung war anschließend dann aber groß. Ich hatte mich zu rechtfertigen, warum ich als stud. med. noch keine Dermatologie-Vorlesung genossen hatte und von mir keine Hilfe zu erwarten war. Der ältere Herr hatte schließlich keinen Blick mehr auf den BH und gab mir mit strengen Blicken die Schuld daran. Dies schien seine Einschätzung, ich sei ein Taugenichts, zu bestätigen. Den anderen war der Appetit vergangen. Immerhin hatte wir somit eventuell den Startschuß für ein „Ruheabteil“ gegeben. Es herrschte bis Wunderschönstadt Stille.
Das letzte Mal und nie wieder!
Vor drei Jahren verbrachte ich mit meiner Familie erstmals einen Pauschalurlaub in einer Hotelanlage in Griechenland. Auch hier dachte ich nach zwei Gläsern Rotwein nicht nach und offenbarte meinen Beruf. Der Hotelarzt wird sich über ein paar freie Tage gefreut haben, denn ab dem nächsten Morgen hielt ein deutscher HNO-Arzt am Pool, am Strand, am Buffet und auch im Bereich der Kinderbetreuung eine hausärztliche Sprechstunde ab.
Jetzt sage ich nicht mehr die Wahrheit. Ich kann den Urlaub nun mehr genießen und abschalten. Meine Familie hat mehr von mir. Und ich habe auch den Eindruck, dass es unter den anderen Gästen weniger Krankheitsfälle gibt.
Spannende Berufe gibt es scheinbar viele
Aber wie soll man diese Frage nun beantworten? Ich habe einiges versucht, aber auch Steuerberater, Supermarktbesitzer, Sozialarbeiter scheinen Berufe zu sein, die die Fantasie zu vielen Fragen anregen. Selbst Psychologe, Lehrer oder Polizist schreckt nicht ab. Seit den Auslandseinsätzen auch nicht mehr der Soldat.
Äußerst erfolgreich war ich zuletzt mit Maschinenwartung in Kläranlagen. Aber wir saßen dann meist allein am Abendbrottisch.