Erst der Brexit, dann der Gesetzgeber: Das Jahr 2016 war für DrEd bislang nicht erfreulich. Jetzt berichtet Geschäftsführer David Meinertz, wie er die AMG-Novelle trickreich umschiffen will: mit Versandapotheken jenseits deutscher Grenzen.
Am 28. September hat der Gesundheitsausschuss im Bundestag grünes Licht für ein kontrovers diskutiertes Regelwerk gegeben. Es geht um das vierte Gesetz zur Änderung arzneimittelrechtlicher und anderer Vorschriften (AMG-Novelle), von bösen Zungen auch „Lex DrEd“ genannt. Künftig dürfen Apotheken in Deutschland Rx-Präparate nur noch abgeben, falls sie erkennen, dass es einen persönlichen Kontakt zwischen Arzt und Patient gegeben hat. Wie das geschehen soll, bleibt derzeit offen. Räumliche Distanzen innerhalb Deutschlands sind in Zeiten von Zweitwohnsitzen nicht unbedingt ein Kriterium.
Hier kommt DrEd ins Spiel: Eine veritable Geschäftsidee steht plötzlich auf tönernen Füßen. Ärzte mit Sitz in London sprechen gezielt deutsche Kunden an, um bei Bagatellerkrankungen Diagnosen zu stellen und vor allem Arzneimittel zu verordnen. Die Rezepte gehen entweder an Patienten oder an Versandapotheken mit Sitz in Deutschland. Dieses Prinzip ist Politikern schon lange ein Dorn im Auge. Bevor die „Pille danach“ aus der Rezeptpflicht entlassen worden ist, orderten viele Patientinnen Notfallkontrazeptiva. Themen rund um die Frauen- und Männergesundheit stehen auch heute noch im Fokus. Mit der AMG-Novelle könnten sich viele Dinge ändern.
„Wir bedauern sehr, dass in Deutschland das Fernbehandlungsverbot verschärft und ärztliche Versorgungsformen nicht dem technologischen Fortschritt angepasst werden,“ kommentiert DrEd-Geschäftsführer David Meinertz die AMG-Novelle. Er spricht von einer „vertanen Chance“, gerade für Menschen mit chronischen Erkrankungen. Wer in ärztlich unterversorgten Gegenden lebe, hätte es künftig ebenfalls schwerer. Meinertz verweist auf positive Erfahrungen in Schweden oder in der Schweiz. Dort haben Ärzte die Möglichkeit, selbst zu entscheiden, ob sie Telemedizin einsetzen oder nicht.
Doch David Meinertz beruhigt: „Für unsere Patienten wird sich aufgrund der Gesetzesnovelle nur wenig ändern.“ Als Reaktion will er die Zusammenarbeit mit europäischen Versendern weiter ausbauen. DrEd überträgt Verordnungen an Apotheken jenseits der deutschen Grenzen. Von dort aus gelangen Arzneimittel zum Kunden. Bereitet sich die Londoner Praxis damit schon auf einen möglichen Brexit vor? Das erscheint zumindest denkbar. Viele EU-Staaten haben niedrige Hürden bei Rx-Präparaten, verglichen mit Deutschland. Sie interessieren sich kaum für Fragen zur EU-Mitgliedschaft. Legale europäische Versandapotheken packen dann Medikamente für ihre Kunden in die Kiste.