In meinem Mediziner-Freundeskreis hält niemand so richtig was von Eckart von Hirschhausen. Sein RTL-Humor ist ihnen zu flach, die Inhalte zu banal. Sein Buch „Wunder wirken Wunder“ fand ich trotzdem erstaunlich bereichernd. Unbestreitbar ist sein Talent, medizinische Sachverhalte für den Laien so zu erklären, dass sie nicht nur verständlich, sondern auch unterhaltend sind.
Aber auch für einige andere Medizinstudenten scheint er eine Bereicherung zu sein. In einem Hörsaal in Mainz hielt er kürzlich einen Vortrag, in Köln war er vor Hunderten von Studenten im Spiegel-Interview.
Wer ihn in der Uni sah, kam meist beeindruckt zurück. Eckart von Hirschhausen zeigte dort eine Seite, die im Fernsehen oft unter Flachwitzen verschwindet. Ernsthaft, kritisch und witzig inspirierte er mit vielseitigen Verbesserungsansätzen für die Welt der Mediziner.
Sein Buch „Wunder wirken Wunder“ hat den gleichen Ansatz, reicht aber noch weiter. Hier werden medizinische Alltagsfragen durchdekliniert – in einer Gründlichkeit, dass kaum ein Thema unbehandelt bleibt. Es geht um Alternativmedizin, um Werbeversprechen von Heilmittelchen, um den Einfluss der Psyche auf den Körper.
Vieles, was er thematisiert, spricht mir aus der Seele. Dass vielen Leuten der Hausarzt fehlt, der bei allen Facharzt-Befunden den Überblick über die Behandlung und die Medikamente behält. Dass der Placebo-Effekt noch gezielter eingesetzt werden könnte. Dass es sich lohnt, Feststehendes zu hinterfragen.
Anderes wiederum hat mich zum Nachdenken gebracht. Ich mag, dass der Einfluss der Psyche auf die Gesundheit so im Zentrum steht. Er betont, wie omnipräsent dieser Einfluss ist – gleichzeitig warnt er davor, jeden Schnupfen einer psychologischen Analyse zu unterziehen.
Die Alternativmedizin nimmt in dem Werk viel Raum ein. Mich interessiert das Thema, weil ich bisher so wenig darüber weiß. Meinen Nicht-Mediziner-Freunden bleibe ich bei Fragen zur Einschätzung von alternativmedizinischen Methoden oft eine differenziere Antwort schuldig. Bisher wurde an der Uni alles in dieser Richtung pauschal als Scharlatanerie abgekanzelt. Ich weiß oft nicht mal, was sich hinter den einzelnen Ansätzen verbirgt – von Pro- oder Contra-Argumenten ganz zu schweigen.
Reiseführer durch die Welt der Medizin
Grade diese Nicht-Mediziner-Freunde klagen häufig, dass sie sich bei der Auswahl aus dem großen Strauß an Behandlungsoptionen alleine gelassen fühlen. Operieren oder nicht operieren? Und sind nur die Maßnahmen sinnvoll, die auch von der Kasse bezahlt werden?
Eckart von Hirschhausen bringt das wie ich finde treffend auf den Punkt: „Jeder [Arzt] tat, was er persönlich für richtig hielt. [...]Dank der ‚Therapiefreiheit’ macht jeder, was er will. Es ist für die Patienten nicht ersichtlich, welche Optionen sie haben und wie gut welches Verfahren belegt ist.“
Das ist schon innerhalb der Schulmedizin so. Die Fronten im alten Krieg zwischen Schul- und Alternativmedizin sind umso verhärteter. Viele Patienten bekommen so den Eindruck, sich auf eine Seite schlagen zu müssen. Von Hirschhausen widmet dieser Situation ein ganzes Kapitel. Er erläutert und bewertet umstrittene Themen wie Bioresonanz, Homöopathie, Impfen und Akkupunktur. Seine Einschätzung begründet er sowohl durch Studien als auch durch eigene Erfahrungen.
Auf verständliche Weise teilt er das medizinische „Hoheitswissen“ mit jedem interessierten Laien.
Das Fazit wird klar verdeutlicht: Alternative Behandlungsmethoden haben ihre Daseinsberechtigung in Bereichen, wo der Patient keine dringende schulmedizinische Behandlung benötigt. Bei Krebserkrankungen, schweren Infektionen und psychiatrischen Krankheiten können sie unterstützend hinzugezogen, aber niemals ausschließlich angewendet werden.
Gut gefallen haben mir außerdem Zusammenfassungen, die als Hilfestellung bei der Wahl eines seriösen Behandlers oder einer seriösen Behandlung dienen sollen. Ein Beispiel:
„Fünf gute Fragen vor jeder Behandlung
„Werbung verbreitet gerne Unsinn mit wissenschaftlichem Anspruch“
Jeder ist täglich Werbung ausgesetzt. Zugang dazu, wie diese Werbeversprechen wissenschaftlich einzuschätzen sind, haben die wenigsten. Von Hirschhausen entwaffnet ein Kapitel lang die unterschiedlichsten Mythen, Versprechen und Werbemärchen, denen sicherlich ein jeder schon mal begegnet ist.
Noch während ich das Buch gelesen habe, wurde es in der Sachbuchkritik der ARD „Druckfrisch“ von Denis Scheck ziemlich vernichtend zerrissen. Er macht sich über zu banale Vergleiche lustig und sagt: „Ich komme beim besten Willen nicht mit diesem Typus von auf Comedyprogrammen basierenden, durchdesignten Sachbüchern zurecht.“
Mich hat diese Kritik zunächst verwundert – andererseits passt sie gut zu den Vorwürfen, die Eckart von Hirschhausen bezüglich seiner Show gemacht werden. Dass solch populärwissenschaftliche Bücher nicht jedermanns Sache sind, ist nicht verwunderlich. Mein Fazit bleibt aber, dass neugierige Menschen, die sich an dem ein oder anderen flachen Witz nicht anstoßen, ihre Freude an diesem Buch haben werden.