Versandapothekenboss Oberhänsli verfolgt mich bis ins Wartezimmer beim Arzt: In einer Zeitschrift lese ich, dass der Mann mit dem gegelten Haar jetzt an der Börse ist. Außerdem berichtet er über nie gehörte Zahlen, was den Rx-Anteil verschreibungspflichtiger Arzneimittel betrifft.
Das Thema DoMo lässt mich nicht los, selbst wenn ich beim Arzt sitze und einfach nur „Deutschlands schönste Urlaubsorte“ im Focus anschauen möchte. Wer blickt mir da von Seite 7 entgegen? Walter Oberhänsli – Chef der genannten Versandapotheke.
Illegales legal machen
Der „Revolutionär“ ist ja an die Börse gegangen, um Geld für sein Unternehmen zu sammeln, das von Beginn an rote Zahlen geschrieben hat. Ich möchte mal wissen, was an der Idee Arzneimittel übers Netz zu vertreiben „revolutionär“ ist? Vielleicht das neuartige Vorgehen, erst einmal gegen die nationalen Gesetze zu verstoßen und sich das dann erst im Nachhinein legalisieren zu lassen?
Gut, dass er im Prozess um das illegale Eröffnen einer Arzneimittelabgabestelle in Hüffenhardt im Gegensatz zum EuGh-Urteil kräftig eine auf die Mütze bekommen hat, und nun sogar die Arzneimittel aus dem stillgelegten Lager abtransportieren muss. Interessant fand ich die Informationen, die er an die zukünftigen Aktionäre weitergab. Der Anteil der verschreibungspflichtigen Arzneimittel, die über den Versandhandel in Deutschland an Kunden verschickt wird würde sich in nur 5 Jahren auf etwa 3,3 % verdoppeln.
1 x 2 = 3?
Hatte nicht sein Manager Olaf Heinrich Anfang des Jahres in einem Interview mit der Frankfurter Rundschau versucht, Mitleid zu schüren? Und zwar mit dem kargen Anteil von nur 1 % der Versender am Rx-Kuchen? Das doppelte von 1 ist bei mir nicht 3,3 – aber sei es drum. Augenfällig ist für mich hier nur, wie mit Zahlen jongliert wird, die jedes Mal anders ausfallen, je nachdem wer im Publikum sitzt bei dieser Selbstinszenierung. Und etwas anderes ist es ja nicht, wie bereits das Bild zeigt.
Ein smarter, lässig dastehender Businessman im Anzug, der sich mit zurückgegelten Haaren die Brille zurechtrückt à la „ich habe den Durchblick“. Im Hintergrund ein alter, abgewetzter Apothekerschrank der seine besten Jahre schon länger hinter sich hat. Überhaupt nicht tendenziös – Gott bewahre! Aber in dem Stil geht es dann auch weiter im Text.
Erstmal Augen reiben
Auf den folgenden Seiten findet sich eine Gegenüberstellung der Positionen von SPD und CDU, wo das Thema Rx-Versandverbot tatsächlich einmal thematisiert wird. In einem quasi fachfremden Blatt – ich musste mir die Augen reiben. Liebe SPD, ihr befürwortet den Ausbau der Telemedizin? Euer Ernst? Ich gehe lieber persönlich zum Arzt wie auch in die Apotheke als diese im Internet aufzusuchen, und ich hoffe, dass meine Krankenkasse das auch zukünftig übernimmt. Ich habe in meinem ganzen Leben noch nie die CDU gewählt, aber bei dieser Wahl ist mir das Hemd näher als der Rock. Und ich denke, den vielen Mitstreitern in deutschen Apotheken geht es ähnlich.