Ein neues Modellprojekt mit dem Namen Resist soll den unüberlegten und verschwenderischen Einsatz von Antibiotika verhindern. Mit einem Online-Schulungsprogramm konnten bereits 600 Ärzte sensibilisiert werden. Unverständlich: Kliniken werden bisher nicht berücksichtigt.
Das Versorgungsprogramm RESIST wurde vom Verband der Ersatzkassen e. V. (vdek) gemeinsam mit der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) im Rahmen des Innovationsfonds entwickelt. Seit dem 1.7.2017 können sich nun Ersatzkassen-Versicherte der BARMER, TK, DAK-Gesundheit, KKH, hkk und HEK in verschiedenen KV-Bezirken zum Thema Antibiotika-Versorgung beraten lassen.
Eingebunden sind die KV-Bezirke Baden-Württemberg, Bayern, Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen, Nordrhein, Saarland und Westfalen-Lippe, heißt es in einer gemeinsamen Pressemitteilung von vdek und KBV.
Repro Copyright Praxis Dr. Schätzler
Wie das RESIST-Modell funktioniert
RESIST sieht vor, dass Patienten mit Verdacht auf einen Atemwegsinfekt von einem Haus-, Kinder-, HNO-Arzt oder einem Facharzt für Innere Medizin speziell beraten werden. Bislang hatten etwa 600 Ärzte ein spezielles Online-Schulungsprogramm absolviert, um das Konzept in den Praxisalltag zu übertragen. Mittlerweile haben die ersten 650 von angestrebten 3000 Ärzten die Schulung als Multiplikatoren durchlaufen. „Wie wir aus den Regionen hören, trifft die Schulung auf gute Akzeptanz“, heißt es von KBV-Vize Dr. Stephan Hofmeister.
Veränderung des Verordnungsverhaltens kostet Zeit und Geld
Doch wenn das Projekt nicht nur auf eine Veränderung des Verordnungsverhaltens zielen soll, „sondern dass wir mit RESIST auch das ausführliche Arzt-Patienten-Gespräch fördern,“ fehlt eine Vergütungsregelung für diesen Mehraufwand völlig. Ein laut KBV richtiger und zielstrebiger Ansatz kann doch nicht schon wieder zum demotivierenden Nulltarif für alle Vertragsärzte erfolgen. Und extra geschulte Kollegen geben ihr Wissen als Multiplikatoren auch an ihre Nachbar- und Vertretungs-Vertragsärzte weiter.
Extra-Schulungen in Kliniken vonnöten
Kliniken und Krankenhausärzte bleiben bei allen weltweiten Bemühungen gegen rund 30.000 stationäre Infekte und 1.000 bis 4.000 Todesfälle allein in Deutschland pro Jahr durch multiresistente Erreger hierzulande offensichtlich außen vor. Gerade dort müssten aber vom PJ-ler über Assistenz-, Abteilungs-, Ober- und Chefarzt gemeinsam mit dem Stationspersonal alle Beteiligten auch ihre Hygiene- und Infektiologie-Hausaufgaben machen.
Schwachpunkt Krankenhausverordnungen
Besonders im Bereich von Atemwegserkrankungen, aber auch bei Harnwegsinfekten, wird in Kliniken mit Antibiotikatherapien nur so um sich geworfen. Aus Angst vor der Entwicklung nosokomialer Infektionen werden den Patienten allzu häufig routinemäßig bei Entlassung überwiegend Reserve-Antibiotika mitgegeben. Und es wird auch noch erwartet, dass der Hausarzt gefälligst eine Folgeverordnung ausstellt!
Praxisbeispiel Chirurgie
Mein heutiges Praxisbeispiel stammt allerdings aus der Chirurgie: Patient, 53 Jahre alt, sehr sportlich, 186 cm, 92 kg, fit und weitgehend gesund [Doku 4444], hatte sich beim Hinterherziehen eines Mattenwagens in der Turnhalle an einer scharfen Wagenkante in die linke Ferse geschnitten. Befund: quer verlaufende, reizlose Wundnaht, Achillessehne intakt, keine Infiltration, keine Nervenverletzung. Er wurde in der Chirurgie-Ambulanz einer anthroposophisch orientierten Klinik erstversorgt und gegen Tetanus reimmunisiert.
Doch trotz sauberer Wunde und schneller, adäquater Wundversorgung stellte ihm der Assistenzarzt ein Antibiotika-Rezept aus: CEC 500 (Cefaclor-)Tabletten 10 Stück, 2x1 über 5 Tage sollte der Patient einnehmen. Nur dem Umstand, dass die Apotheke das Präparat nicht vorrätig hatte, ist zu verdanken, dass ich den Patienten noch davon abhalten konnte, diese völlig unnötige Antibiose anzuwenden.