Als Apothekenmitarbeiter lerne ich nahezu jeden Typ Mensch kennen. Verzichten könnte ich definitiv auf die zahlreichen Erscheinungen der „Stinker“. Ganz vorne für mich dabei: Der „Inkontinent-ich-doch-nicht“-Typ. Geruchsverhindernde Einlagen? Niemals. Lieber stolz und vor sich hinstinkend.
Den folgenden Beitrag bitte nicht überbewerten. Ich liebe sowohl meine Arbeit als auch unsere Kunden – normalerweise. Doch geruchlich komme ich manchmal an meine Grenzen, was nicht heißt, dass ich meinen Job wechseln sollte. Ich bitte mit einem zwinkernden Auge zu lesen. „Stinker“ gibt es viele verschiedene. Meistens sind es ältere Menschen, die nicht mehr so sehr auf die Körperpflege achten (können), es sind aber auch durchaus jüngere Leute dabei. Bei den jungen Männern überwiegen die „Schwitzer-und-nicht-Duscher“, knapp gefolgt von den „Ich-hab-die-Wäsche-zwar-gewaschen-aber-sie-erst-nach-zwei-Tagen-aufgehängt“-Typen.
Vermodert bis floral stinkende Phänomene
Ich HASSE diesen Geruch nach gammligen Klamotten. Den bekommt man im Normalfall auch nicht wieder aus den Textilien raus. Wahrscheinlich ist es jedem irgendwann mal passiert, dass die gewaschene Wäsche mal zu lange lag und diesen eigentümlichen Geruch angenommen hat. Aber es gibt manche Leute, die riechen immer so. Furchtbar! Bei den jungen Frauen sind es eher die wandelnden Parfumerien, die fröhlich vor sich hinstinken während ich Kopfschmerzen bekomme nur weil ich mich für 5min in deren Nähe aufgehalten habe. Dieses Phänomen tritt aber bei Frauen aller Altersklassen auf – wahrscheinlich nimmt man es selbst gar nicht mehr wahr, wenn man sich jeden Tag so eindieselt, ich finde es - von den Apothekenräumlichkeiten einmal abgesehen – auch in einem Schwimmbad besonders schwer zu ertragen.
Mundgeruch ist auch so ein Thema. Wir hatten mal einen Pharmareferenten, der hatte einen Geruch an sich, als hätte er seit zwei Tagen nichts mehr gegessen. Wenn er vorne stand, war ich immer versucht ihm wenigstens eine Probiergröße Mundwasser zu schenken. Eine andere bei uns äußerst beliebte Form des Gestanks ist der Knoblauchgeruch. Mal von den Mittagsdöneressern abgesehen sind es vor allem meist ältere Herrschaften, die Knoblauchsäfte oder Ilja Rogoff in solchen Massen zu sich nehmen müssen, dass sie diese Ausdünstungen noch auf mehrere Meter vor und hinter sich herziehen. Die werden an der Supermarktkasse sicher öfter mal vorgelassen, kann ich mir vorstellen… Einer dieser Herren erzählte mir vor Jahren, dass er morgens frischen Knoblauch mit der Presse direkt auf das Butterbrot gibt oder sich abends einen Haferschleim mit Knoblauch gönnt, weil es ja soooo gesund sein soll. Ich kann mir zwar vorstellen, dass das nicht ganz falsch ist, aber wenn es in der Wohnung auch nur ansatzweise so riecht wie ich mir das vorstelle, dann werden diese Leute vielleicht alt, aber auch sehr einsam.
Inkontintent? Ich doch nicht!
Wieder ein anderer unangenehmer Geruch geht von inkontinenten Frauen und Männern aus. Diejenigen unter ihnen, die bereit sind das „zuzugeben“ und sich die dafür hergestellten Einlagen besorgen riecht man wenig bis gar nicht. Diejenigen die das verleugnen und versuchen sich mit extra dicken Damenbinden zu behelfen riecht man SOFORT. Ich hatte in meiner Ausbildung einmal eine Kundin zu der ich immer nach Hause musste, um Medikamente zu bringen. Sie war eine von der Sorte IIICH bin doch nicht INKONTINENT, das sind doch nur die alten Weiber! Den stechenden, beißenden Geruch der von ihrer Wohnung ausging, versuchte sie mit direkt auf die Heizung getropftem Pfefferminzöl zu umgehen. Bis sie das Geld gefunden und die Arzneimittel durchgesehen hatte, vergingen für mich immer gefühlte Stunden, in denen ich versuchte nur ganz flach zu atmen. Seither wird mir bei Pfefferminzgeruch meistens schlecht. Schlimmer ist es eigentlich nur noch, wenn zusätzlich noch Katzen in der Wohnung leben!
Grundsätzlich ungewaschene Leute gibt es natürlich auch. Das ist zwar unangenehm, aber normalerweise kommt man ja in der Apotheke zum Glück nicht so nah an die Kunden ran wie beispielsweise ein Arzt. Anders sieht das aus, wenn man Kompressionsstrümpfe ausmessen muss. Ich musste einmal zu so einem muffelnden Mann nach Hause, um eine Strumpfhose auszumessen. Die Wohnung roch genauso wie ihr Bewohner, daher versuchte ich eine ähnliche Atemtechnik wie bei der Pfefferminzfrau anzuwenden. Ich bat den Herren die Hose auszuziehen, damit ich die Beine vermessen kann. Er schlüpfte mit dem rechten Bein auch recht schnell aus seiner Trainingshose. In der Körpermitte hielt er dann das leere Hosenbein fest und stellte sich so vor mich. Na gut, dachte ich, vielleicht ist ihm das einfach etwas peinlich - und machte mich an die Vermessung. Als ich mit dem Bein fertig war, bat ich ihn, jetzt auch das andere freizumachen. „Wieso denn das? Können Sie nicht einfach die Maße von dem anderen Bein auch für das zweite nehmen?“ „Nein, das kann ich leider nicht. Sie haben ja ein Venenleiden, das ihre Beine anschwellen lässt. Da sind sie meistens unterschiedlich dick, deshalb brauche ich jetzt die zweite Seite.“ „Das geht nicht, da müssen Sie morgen wieder kommen!“ „Wieso das denn? Ich bin doch jetzt extra her gefahren, wir können das doch noch schnell fertig machen. Ich beeile mich auch, wenn Sie noch etwas vorhaben.“ „Naja… Nein… es ist nur… die Seite hab ich mir nicht gewaschen.“
Die Entdeckung der Widerlichkeit
Ich war platt. Natürlich hab ich die Strumpfhose doch ausgemessen, aber es war wirklich ekelhaft. Er hatte sich auch nur auf der einen Seite die pilzigen gelben Fußnägel geschnitten, obwohl er von den Bewegungen her nicht merklich eingeschränkt war. Das ist etwas, dass ich bis heute nicht verstehe: Es ist doch viel viel einfacher sich im Gesamten unter die Dusche zu stellen, als nur eine Seite zu waschen, oder?
So sehr ich also meinen Job ansonsten mag – manchmal bin ich froh, dass mein Geruchssinn nicht besonders gut ausgeprägt ist.