Vor 10 Jahre trat das Gesetz über Qualität und Sicherung von menschlichen Gewebe und Zellen (Gewebegesetz) in Kraft. Im selben Jahr wurde auch die Deutsche Gesellschaft für Gewebetransplantation (DGFG) gegründetet. Seit dieser Zeit haben ca. 30.000 Patienten von der Arbeit der DGFG profitiert.
„Gewebeverpflanzungen tragen seit über 100 Jahren dazu bei, viele Erkrankungen und Verletzungen erfolgreich zu behandeln. Ärzte transplantieren deutlich mehr Gewebe als Organe. Tausende Patienten erleben eine deutliche Verbesserung ihrer Lebensqualität. Sie können wieder am gesellschaftlichen Leben teilnehmen, ihrer Arbeit nachgehen und ihre Lebenszeit genießen. Manchmal retten Gewebetransplantationen auch das Leben des Patienten.“ sagt Martin Börgel, Geschäftsführer der DGFG. Vor Inkrafttreten des Gewebegesetzes 2007 wurde es sehr kontrovers diskutiert. Damals wurde befürchtet, dass ein möglicher Rückgang der Gewebespende bis bin zur Schließung von Gewebeeinrichtungen durch unklare Zuständigkeiten und Lücken in der Finanzierung entstehen würde. „Heute wissen wir, dass das hochsensible Thema postmortale Gewebespende im Alltag vieler Krankenhäuser angekommen ist“. sagt Martin Börgel Die Zahl der Gewebespenden innerhalb der DGFG hat sich von 2007 bis letztes Jahr beinahe verdreifacht. „Damit stellen wir heute etwa die Hälfte aller Gewebetransplantationen für Augenhornhäute, Amnionmembranen sowie Herzklappen und Blutgefäße sicher“, sagt Börgel.
Die DGFG ist die Nachfolgegesellschaft der gemeinnützigen Gesellschaft für Gewebetransplantation (DSO-G), einer hundertprozentigen Tochter der Deutschen Stiftung Organtransplantation (DSO). Die DSO hat ihre Tochter bereits 1997 mit der Koordination der Gewebespende in Deutschland beauftragt. Durch das Inkrafttreten des Gewebegesetzes im Jahr 2007 kam es zu einer vollständigen räumlichen und rechtlichen Trennung von DSO und DGFG. Die DGFG hat ein Gewebenetzwerk deutscher Kliniken und Gewebebanken aufgebaut, die ausschließlich im Bereich der nichtkommerziellen Gewebespende tätig sind. Das Netzwerk versorgt in Deutschland rund 120 Transplantationsprogramme mit Augenhornhäuten, 35 Kliniken mit Herzklappen und Blutgefäßen und etwa 40 Einrichtungen mit Amnionpräparaten. Über 4.100 Patienten haben allein im Jahr 2016 ein Gewebetransplantat aus einer Gewebebank im Netzwerk der DGFG erhalten.
Die DKG begrüßt das Gewebegesetz und die sich daraus resultierenden Kooordination. „Mit dem Inkrafttreten des Gewebegesetzes zum 1. August 2007 hat sich die Gewebemedizin in Deutschland grundlegend verändert. Heute, eine Dekade später, können wir bilanzieren, dass sich die Gewebeversorgung in Deutschland auf einem guten Weg befindet und die Versorgung der Bevölkerung weitgehend gesichert ist.“ sagte Georg Baum, Hauptgeschäftsführer der Deutschen Krankenhausgesellschaft. Er betont aber, dass es noch Verbesserungen geben müsste. Denn bis heute stehen noch einige Gewebearten nicht in der wünschenswerten Anzahl zur Verfügung. Insbesondere bei Augenhornhäuten und kardiovaskulärem Gewebe kommt es noch zu längeren Wartezeiten. „Angesichts der mangelnden Verfügbarkeit bestimmter Gewebe sind Maßnahmen zur Verbesserung der Versorgungslage erforderlich. Deshalb ist es hilfreich, dass der Bundestag Anfang Juni 2017 mit dem Gesetz zur Fortschreibung der Blut- und Gewebevorschriften die Tätigkeiten sogenannter mobiler Entnahmeteams auf eine neue gesetzliche Grundlage gestellt hat.“ so Baum. Wie zu erfahren war, haben sich inzwischen die Krankenhäuser recht gut mit den gesetzlichen Vorgaben des Gewebegesetzes arrangiert.
In der Diskussion um das Inkrafttreten des Gewebegesetzes entstanden Befürchtungen, dass in wirtschaftlicher Hinsicht ein Markt für Gewebetransplantate entstehen könne. „Wir waren damals und sind heute gut beraten, wenn wir verhindern, dass sich die Gewebemedizin in Deutschland auf einen kommerziellen Pfad begibt.“ sagte Prof. Dr. med. Wolfgang E. Fleig (Medizinischer Vorstand und Vorstandssprecher Universitätsklinikum Leipzig und Vertreter der Gesellschafter der DGFG). Es sei wichtig, dass die Arbeit der Koorination von Gewebetransplantationen ausschließlich nicht-kommerzielle Zwecke dient. Denn es sollte ausgeschlossen sein, dass sich die Gewebemedizin in Deutschland auf einen kommerziellen Pfad begibt. Die DGFG ist eine gemeinnützige Gesellschaft, die nicht gewinnorientiert arbeitet und nur ihre Kosten für Gewebespende, Prozessierung und Vermittlung decken muss.