Er fiel wieder. Mehrmals an diesem Tag. Der klassische Satz von Kunden, die das Prinzip wirkstoffgleicher Arzneimittel irgendwie nicht verstehen können – oder wollen: „Ich will die haben, die mir der Arzt aufgeschrieben hat. Er hat sich da ja bestimmt was dabei gedacht!“ Nein, hat er nicht.
„Ooh, die gehen mir heute auf die Nerven, die Halbgötter in weiß!“ Dieser Ausruf vom Chef war heute irgendwie das Motto des Tages. Zunächst hatten wir es mit einem Rezept eines Arztes aus einer drei Dörfer entfernten Praxis zu tun. Verordnet hatte er Decortin OHNE Aut-idem-Kreuz, und so kam es wie es kommen musste – wir mussten gegen Prednisolon tauschen.
Das gefiel der Kundin gar nicht. Der klassische Satz zu diesem Umstand fiel: „Ich will die haben, die mir der Arzt aufgeschrieben hat. Er hat sich da ja bestimmt was dabei gedacht!“ Neiiiin, hat er nicht. Wenn er hätte, dann hätte er an die Kreuze gedacht. Also Anruf in der Praxis. Der Arzt ist bereits im Wochenende und die MFA in der Leitung sagt, wir sollen das Rezept mit Decortin beliefern, ihr zuschicken und sie sendet es uns dann mit Kreuzen zurück. Klasse. Wieder zwei Mal Porto bezahlen für etwas das WIR gar nicht verbockt haben.
„Der Herr Doktor schreibt das immer so auf!“
Als nächstes ein Rezept unseres Lieblingspsychiaters – Datum vergessen. Den Anruf sparen wir uns dieses Mal und stempeln selbst ein Datum rein. Nicht dass es wieder heißt, wir hätten irgendwelche frühkindlichen Traumata. Der Knaller war aber ein BTM Rezept aus der Klinik. Verordnet war „Instanyl“ Nasenspray zur Behandlung von Durchbruchschmerzen. Ohne Dosierung mit dem Zusatz N2.
Wir riefen in der Klinik an, um die Dosierung zu klären. Ansonsten kann das Rezept von der Krankenkasse retaxiert werden. Auf der anderen Seite der Leitung eine völlig verwunderte Krankenschwester: „Der Herr Doktor schreibt das aber immer so auf“. Dann macht er es eben auch IMMER falsch! Er war ohnehin – wie auch Arzt Nr.1 – bereits ins Wochenende verabschiedet worden. Wir sprachen also mit der Krankenschwester ab, was auf dem Rezept vermerkt werden soll, damit sie dasselbe auf ihren Durchschlag schreibt. Das Nasenspray wurde abgeholt und wir dachten nun ist alles in Butter … Pustekuchen!
Da hat der Apotheker wohl nicht aufgepasst
Eine Viertelstunde nach Abholung durch die Ehefrau des Patienten klingelte das Telefon. Unser Instanyl-Kunde meldet sich schon hörbar genervt. Warum wir ihm nur ein Nasenspray abgegeben hätten. Der Herr Professor hat doch deutlich ZWEI Nasensprays verordnet! Ich versuchte zu erklären, dass N2 nicht 2 Stück bedeutet sondern Normgrößenpackung 2, also die zweitgrößte Packung was in dem Falle 5ml bedeutet.
Er hörte mir gar nicht richtig zu, sondern fing gleich an zu schimpfen: „Der Herr Professor hat aber gesagt, dass er mir zwei Packungen aufschreibt. SIE haben nur nicht richtig aufgepasst!“ Äääh, nein. „Ich habe das Rezept doch jetzt vor mir liegen Herr I. Da steht eindeutig N2. Tut mir leid.“ „Er hat es aber gesagt, dass er zwei aufschreibt, und wenn er das sagt, dann macht er das auch!“
Ja klar. Er KANN natürlich keine Fehler machen (die Dosierung hatte er ja auch schon vergessen), er ist ja quasi sakrosankt, der Herr Professor. Und wenn die doofen Schubladenzieher nicht lesen können, ist das ja nicht sein Fehler. Nachdem Herr I. dann immer lauter wurde und dazu überging mich anzuschreien, gab ich den Hörer an den Chef weiter.
Einfach so ausgetauscht
Der brachte ihn langsam wieder runter und versprach mit der Klinik zu telefonieren. Die hatte nur inzwischen schon was? Genau. Wochenende. Also vertagen wir das Telefonat mit dem unfehlbaren Professor auf Montag. Zum Glück hat Herr I. ja noch seine Durogesic Pflaster (starkes Schmerzmittel, ebenfalls BTM-pflichtig). Doch halt! Moment! Der zweite erboste Anruf des Herrn I. – das hatte er ja gar nicht gemerkt!
Wir böse böse Apotheke haben ihm die Pflaster ja gegen „Fentanyl“-Pflaster ausgetauscht (weil die Durogesic Pflaster nicht lieferbar sind, was wir seiner Frau bei der Abholung lang und breit erklärt hatten). Ob wir das denn einfach so austauschen dürfen? Der geneigte Leser wird sich denken können welcher Satz nun folgt: „Der Herr Professor WIRD SICH JA WAS DABEI GEDACHT HABEN, WENN ER DIE AUFSCHREIBT!“
Manchmal möchte ich betäubt und entführt werden.