Das Herunterbeten diverser Fragenkataloge ist vielleicht nicht die spannendste Aufgabe eines Apothekers, aber eine wesentliche. Und häufig passiert es, dass man durch gründliches Nachfragen bei einem Problem auf ein weiteres, noch viel brisanteres stößt.
Pille-danach-Gespräch am Samstag nachmittag. Es handelt sich um ein Pärchen Mitte 20, die Frau ist erst etwas unwillig und will wissen, weshalb sie die Pille danacherst nach einem Gespräch mit der Apothekerin bekommt und ob das wirklich nötig sei?
Ja. Ist es.
Es fängt eigentlich ganz normal an: Ich frage nach dem nach dem Zyklus, und ob die Pille danach wirklich nötig ist … hatten wir ja schon öfter. Die zwei geben mir dabei die interessante Nebeninformation, dass sie „auch vom Fach“ sind – offenbar befindet sich das Paar in medizinischer Ausbildung. Okay, dann müssten sie eigentlich wissen, was ich ihnen erkläre.
Lustig wird es, als ich frage, weshalb die Pille danach gebraucht wird? Weil das Kondom kaputtgegangen ist, lautet die Antwort. Klassiker. Aber dann will die Kundin genau wissen, weshalb das jetzt das dritte Mal bei diesem Freund passiert ist und noch nie bei den anderen, die sie hatte … TMI.
Und: Kann ich auch nicht beantworten. Vielleicht sollte sie die Kondommarke wechseln oder mehr Gleitmittel benutzen?
Weiter geht es mit der Frage nach anderen Medikamenten.
Ja, sie nimmt Isotretinoin.
Vollbremsung.
Pharmama: „Was?“
Mann: „Ja, seit ein paar Wochen hat sie das. Wegen der Akne.“
Pharmama: „Und Sie verhüten nur mit Kondom?“
Beide: „Ja, wieso?“
Pharmama: „Weil man bei diesem speziellen Medikament auf gar keinen Fall schwanger werden darf, wegen Missbildungsgefahr! Deshalb steht auch in der Packungsbeilage deutlich geschrieben, dass man doppelt zu verhüten hat – also mit Kondom und Pille, damit nichts passiert! Die Pille danach zählt auch hier nicht zu den Verhütungsmethoden.“
Oh, das hätten beide bisher noch nicht gewusst. Gesagt sei ihr das auch nicht geworden, sie habe sich das Medikament aber auch praktisch von einem Kollegen verschreiben lassen. (Implizierend vielleicht: Der hat gedacht, sie wüsste Bescheid und hat deshalb nichts gesagt?).
Ich habe ihnen die Pille danach abgegeben und ihr dringend geraten, sofort und in Zukunft auch die normale Pille dazu zu nehmen – und den Frauenarzt aufzusuchen, wenn die Periode sich nicht einstellt.
Zur Erläuterung: Ich weiß nicht, was das Paar mit „medizinischer Ausbildung“ genau gemeint hat. Waren sie Medizinstudenten oder schon im Assistenzjahr? Vielleicht auch Pflegepersonal? Ich weiß es nicht, aber was ich weiß, ist, dass wir in der Apotheke wirklich besser Bescheid wissen über so manches Medikament.
Isotretinoin sollte übrigens nur von einem Arzt verschrieben werden, der sich wirklich damit auskennt: ein Hautarzt, der vorher die zahlreichen Gegenanzeigen durchgegangen ist. Das Medikament ist echt nicht ganz ohne.
Dazu passen auch Apothekentheaters abschließende Worte zu ihrem Beitrag Insulin zu verschenken (in dem sie auch Isotretinoin erwähnt): Apothekenpflichtige und verschreibungspflichtige Medikamente gehören bei der Abgabe an den Endverbraucher in kundige Hände! Und das sind die Apotheker.