Manche Kunden sind ihr eigenes Bastelprojekt. Sie verlangen bei uns nach Kanülen, um zuhause mit Steroiden ihre Muskeln zu formen. Ist nicht zu unterstützen, aber auch schwer zu vermeiden. Sobald Kunden jedoch anfangen, sich irgendwas irgendwo reinzuspritzen, muss man eingreifen.
Lea und ich unterhielten uns heute über die skurrilsten Fälle von Hilfe, die wir in der Apotheke geleistet haben, indem wir NICHTS verkauft haben. Bei mir war es vor vielen Jahren – damals noch in der anonymen „Stadt“, nicht hier in der „Vorstadt“ wo einen jeder kennt – ein junger Mann aus Bolivien, der zu uns kam, um Spritzen und Kanülen zu kaufen. Junge Männer mit diesem „Einkaufszettel“ habe ich schon viele gesehen.
Steroide, die Spitze des Eisbergs
Meistens geht es darum, sich die Hilfsmittel für die Injektion von Steroiden für den Muskelaufbau oder von Rauschmitteln zu besorgen. Auch wenn mir das nicht gefällt, bekommen haben sie es immer, da ich es besser finde wenn sie dafür wenigstens sauberes Besteck benutzen bevor sie sich mit diversen Krankheiten anstecken.
Dieses mal war es aber anders, weil der junge Mann nicht die 12er 16er oder 18er Nadeln haben wollte wie gewohnt und die 2 ml Spritze dazu, sondern eine besonders dicke Kanüle und 20ml Spritzen orderte. Das ist wiederum üblicherweise das „Handwerkergedeck“, da die Maler damit gerne frischen Kleister aus Beulen unter der Tapete herausziehen. Aber danach sah mir der Kunde irgendwie so gar nicht aus. Also fragte ich ihn freundlich und höflich, was er denn mit den Spritzen anzufangen gedenke.
Und er erzählte mit einer Mischung aus Trotz und Angst vor der eigenen Courage, dass er vorhatte, sich die Muskeln mit Synthol aufzuspritzen. Ich war entsetzt, und hatte sowas bis zu diesem Zeitpunkt noch nie gehört. Da ich den Eindruck hatte, dass der Kunde in seiner Entscheidung noch sehr schwankte, holte ich den Chef dazu, und zusammen schafften wir es, ihm den Plan (hoffentlich dauerhaft) auszureden.
Not macht leichtsinnig
Lea wiederum stand meiner Erzählung in nichts nach. Sie hatte in ihrer Lehrapotheke ebenfalls einen männlichen Kunden, der nach Paraffin und einer Spritze samt Kanüle verlangte. Auch diese Kombination ist sehr ungewöhnlich, und sie fragte was er damit vorhatte. Mit der Antwort hatte sie allerdings nicht gerechnet: er wollte sich das Paraffin in den Penis injizieren, um diesen zu vergrößern. Zum Glück konnte auch dieser Kunde davon überzeugt werden, das besser sein zu lassen, denn die Folgen können verheerend sein.
Augen zukleben, ab ins Bett
Und da sag mal noch einer, nur Frauen täten sich solche Dinge wie Brustvergrößerungen, Fettabsaugungen oder Nasenverkleinerungen aus Schönheitsgründen an! Wobei mir jetzt gerade die Kundin einfällt, die bei sich uuhause eine „Botox-Party“ veranstaltet hat, wo eine Kosmetikerin sie und fünf ihrer besten Freundinnen bei einem Glas Prosecco faltenfrei gespritzt hat. Eine musste sich allerdings danach ein halbes Jahr lang zum Schlafen das Augenlid mit Leukopor zukleben, weil es immer wieder einen Spalt weit aufging. Wenn es um Eitelkeiten geht, ist kein Geschlecht besser als das andere.