Neue Medikamente geben Tumorpatienten Hoffnung. Sie verlängern das Leben – und kosten eine Menge Geld. Helfen sie dem Patienten wirklich oder nur der Pharmaindustrie? Und kann sich unsere Gesellschaft diese Medikamente auf Dauer überhaupt leisten?
„Gute Besserung, Opa!‟, strahlt der kleine Junge. Herr Langenthaler zwingt sich ein Lächeln ab.
„Schau mal, ich hab dir ein Bild gemalt!‟
Herr Langenthaler richtet sich mühsam auf, kramt im Nachttisch nach seiner Brille, schaut erst seinen Enkel und dann dessen Gemälde an, um es gebührend zu bewundern. Er will etwas sagen, bringt aber nur ein heiseres Husten hervor.
„Wirst Du denn wieder gesund werden, Opa?‟, fragt der Kleine.
Nein, das wird Herr Langenthaler nicht. Herr Langenthaler ist krank. Schwer krank. Die Art von krank, bei der man nicht mehr gesund wird. Der Tumor hat sich längst über alle Organsysteme ausgebreitet und kann letztendlich nicht mehr besiegt werden. Aber noch halten wir ihn in Schach: Aus einem Infusionsbeutel tropft eine glasklare Flüssigkeit in die Venen von Herrn Langenthaler.
Die Familie überredete Herrn Langenthaler zur Behandlung
„Zwanzigmal teurer als Gold!‟, sagt Kalle.
„Hilft es ihm denn?‟, fragt Sarah.
Kalle zuckt mit den Schultern.
Herr Langenthaler wollte die teure Behandlung eigentlich gar nicht. Er hatte längst mit seinem Leben abgeschlossen. Die Angehörigen haben ihn in langen Gesprächen schließlich überzeugen können, der Sache zuzustimmen. Dem Chef war es Recht, immerhin ist Herr Langenthaler Privatpatient. „Es ist doch schön, wenn er seine Enkel noch ein paar Monate lang aufwachsen sieht!‟, hat er gesagt. „Vielleicht schafft er es ja noch bis Weihnachten!‟
Aber bis dahin dauert es noch. Will Herr Langenthaler das wirklich aushalten? Er hat Schmerzen, leidet an Übelkeit und Atemnot. Dagegen gibt es Medikamente. Und alle paar Tage gibt es die geheimnisvolle Infusion, die das Leben verlängert. Wirklich das Leben, oder nur das Leiden?
Wenn alle Leute diese Therapie bekämen ...
Herr Langenthaler hat sich mit der Situation abgefunden. Er lächelt seinen Enkel an und streicht ihm unbeholfen übers Haar.
„Was kostet so eine Behandlung eigentlich?‟, fragt Sarah.
Kalle zieht die Augenbrauen hoch. „Wenn er wirklich noch bis Weihnachten überlebt, dann können da locker mehrere 100.000 Euro zusammenkommen!‟, sagt er.
„Und das bezahlt die Krankenkasse?‟
„Natürlich bezahlt sie das!‟, gibt Kalle zurück.
„ ... und wenn alle Leute diese Behandlung bekommen würden, wären die Kassen ziemlich bald pleite!‟, wirft Martin ein.
„Willst du damit sagen, dass die Krankenkassen solche teuren Tumortherapien nicht mehr bezahlen sollen?‟, fragt Kalle.
Martin zieht die Schultern hoch und verlässt ohne zu antworten den Raum.