Der Medizinstudent ist eine besondere Spezies. Sowohl als Patient, als auch als Kollege vermag er emotionale Spannung aufzubauen. Unter dem Motto „Jugend forscht“ wird manchmal über ihn gelächelt, manchmal über ihn geflucht. Ein Beitrag über das Leben.
Als Kind wurde ich gehänselt. Damit ist es raus. Lange dachte ich, ich wäre damit alleine. Doch zum Glück gibt es das Medizinstudium.
Und den langen Weg dorthin. Die Wartezeit durfte ich volle 12 Semester auskosten. Währenddessen ließen gewisse Charakterzüge meinerseits Ausbildern und Mitschülern doch immer wieder die ein oder andere Chance, mich vorübergehend nicht zu mögen. Ich pflege eine direkte Art und zwinge andere Menschen so dazu, sich verbal zu wehren.
„Anästhesiologie willst du mal machen? Passt zu dir, Klugscheißer.“
In etwa dieser Wortlaut bildet das Ende einer langen Kette von höflichen Hinweisen meiner Mitmenschen darauf, meine Vorschläge und Kommentare in Zukunft doch leiser zu formulieren – am besten so leise, dass sie in meinem Kopf bleiben.
Nun bin ich niemandem über derartige Aussagen böse. Ich habe mich daran gewöhnt, nehme sie teilweise als Kompliment. Auf alle Fälle bin ich dankbar über jeden, der mir über eine offene Reaktion die Möglichkeit gibt, über unsere Kommunikation zu grinsen und im Zweifelsfall das Blatt doch noch zu meinen Gunsten zu wenden. Im Zweifelsfall, indem ich tatsächlich mal den Mund halte.
Der Medizinstudent als Patient
Es kursieren Gerüchte und Erfahrungsberichte von Rettungsdienstpersonal und Ärzten, dass die Behandlung von Medizinstudenten besonderen Herausforderungen unterlegen ist. Man könnte auch sagen, dass Medizinstudenten ganz allgemein als „schwierige Patienten“ bezeichnet werden. Kombiniert mit Alkohol und guter Laune scheint die Situation nicht unbedingt besser. Was in Anbetracht meiner eigenen Erfahrungen als Rettungssanitäter und Krankenpfleger im Umgang mit Feiernden nicht weiter verwunderlich, aber leider eben auch nicht besser ist.
Doch da hat uns die Physiologie stundenlang eingetrichtert, dass eine Ringer-Lösung nicht physiologisch ist – und dann liegt er da, der Medizinstudent. Betrunken, am Ende seiner Kräfte, nachdem er alles für die Feier gegeben hat. Und muss voll Schrecken mit ansehen, wie er eine ebenjene Infusionslösung angehängt bekommt! Was bleibt ihm übrig, als reflexartig den Zeigefinger zu heben und loszulallen:
„Dassss iss aber nich pfysiologsch!“
Über die vielfältigen Möglichkeiten der (gelungenen) Kommunikation habe ich bereits an anderer Stelle meinen Kommentar niedergeschrieben. Es sei aber an dieser Stelle angemerkt, dass Vorschläge zur (Anpassung) der eigenen Therapie mitunter mit gemischten Gefühlen aufgenommen werden.
Der Medizinstudent als Kollege
Wir machen es den Kollegen aber auch nicht leicht. Frisch von der Uni auf der Station und in der Praxis tun wir alles, um aktuelles Wissen zu verbreiten. Und springen dabei manchmal von einem Fettnapf in den nächsten.
Auf den gut gemeinten Hinweis, die Wundversorgung hätten wir soundso gelernt, Desinfektion sollte soundso erfolgen – lässt der Blick der Kollegin (ärztlich oder nicht-ärztlich) nichts Gutes erahnen.
Das Leben
Die professionelle Rolle des Arztes will geübt und gelebt sein. Ich hoffe, dass sowohl Kollegen als auch Patienten nachsichtig sind, wenn wir menschliche Schwächen leben – jeder auf seine Weise. Gerade junge Menschen lernen in immer neuen Situationen neue Grenzen kennen. Oft habe ich meine auf beiden Seiten der Nadel getestet und meine Erfahrungen gemacht. Grinst in euch über ähnliche Situationen, die ihr erlebt habt.
Nutzt die Kommentarfunktion!
Lasst mich wissen wie ihr, voller Motivation, mal über das Ziel hinaus geschossen seid. Leben und leben lassen ist das Motto. Wenn am Ende der Respekt für mein Gegenüber und die Erkenntnis zur eigenen Präsentation gewachsen ist, war vielleicht auch das tausendste Fettnäpfchen für etwas gut.
Bei näherer Betrachtung ist der Medizinstudent fast nach Belieben ersetzbar durch: Lehrer, Arzt, Anwalt usw. Alle Beispiele sind natürlich frei erfunden und dienen lediglich der Unterhaltung in der Kaffeepause.