Das mysteriöse Broken-Heart-Syndrom, auch Takotsubo-Kardiomyopathie (TTC) genannt, soll ein ebenso extrem seltenes wie ständig mit zu berücksichtigendes kardiologisches Krankheitsbild sein: Beim Verlust eines geliebten Menschen, bei Streit, extremer Freude, Infektionen, seelischem, körperlichem Stress auftretend; und bei Männern und Frauen auch noch unterschiedlich 'gebrochene Herzen' bewirkend?
Aber spätestens, wenn ein besonders komplexes, offensichtlich multifaktorielles Krankheitsgeschehen in blumiger Umschreibung "Broken-Heart-Syndrom – Takotsubo-Kardiomyopathie" genannt wird, bei dem der Patho-Mechanismus nicht mal ansatzweise geklärt ist, sollte nicht nur die DocCheck-, sondern auch die gesamte "Scientific"-Community misstrauisch werden: Denn Forscher hätten herausgefunden, dass es nicht nur postmenopausale Frauen betreffen, bei emotional belastenden Ereignisse oder akuten körperlichen Beschwerden auslösend wirksam sein, sondern obendrein sogar bei guten Nachrichten und freudigen Begebenheiten wirksam sein würde.
Die Studie des Deutschen Zentrums für Herz-Kreislauf-Forschung (DZHK) in:
Frontiers in Psychology vom 27 April 2017; "Comparison and Outcome Analysis of Patients with Takotsubo Cardiomyopathy [TTC] Triggered by Emotional Stress or Physical Stress" von G. Konstantinos et al.
http://journal.frontiersin.org/article/10.3389/fpsyg.2017.00527/full
folgt eher der Logik eines Besinnungsaufsatzes und listet wahllos bei Männern Infektionen, Unfälle oder Ähnliches somatisierend als Auslöser für eine TTC auf. Wohingegen bei Frauen eher psychologisierend der emotionale Stress verursachend sein soll?
Äußerst peinlich und dilettantisch für das Studiendesign: Obwohl in 13 Beobachtungsjahren von 2003 bis 2015 ein Kollektiv von ganzen 84 (!) Patienten/-innen mit TTC diagnostiziert wurde, was gerade mal 6,5 Betroffenen pro Jahr entspricht, hat das Autorenteam nicht mal für notwendig erachtet, eine V e r g l e i c h s g r u p p e heranzuziehen: Das unterstreicht die wissenschaftliche Wertlosigkeit ihres Unterfangens. ["Methods and results: Our institutional database constituted a collective of 84 patients diagnosed with TTC between 2003 and 2015. The patients were divided into two groups as per the presence of emotional stress (n = 24, 21%) or physical stress (n = 60, 52.6%). The endpoint was a composite of in-hospital events (thromboembolic events and life-threatening arrhythmias), myocardial infarction, all-cause of mortality, re-hospitalization due to heart failure, stroke, and recurrence of TTC"].
Ganze 24 Patienten mit emotionalem Stress und 60 mit physischem Stress vernachlässigt in eklatanter Weise zigtausende Patienten, die im selben Zeitraum mit ebensolchen psychophysischen Belastungen o h n e ein TTC aufzuweisen, untersucht und versorgt wurden?
M. E. ist die Tako-Tsubo-Kardiomyopathie eine medizinisch-pathophysiologische Fata Morgana im Zusammenhang mit willkürlich herausgegriffenen, positiven und negativen Stressoren. Der Versuch, das Syndrom des "gebrochenen Herzens" (broken heart syndrome) noch zu allem Überfluss in ein "Happy-Heart-Syndrome" umzuetikettieren, führt den ursprünglichen pathophysiologischen Erklärungsansatz dieses Symptomkomplexes endgültig ad absurdum.
Ein Syndrom des "gebrochenen Herzens" ist von der allgemeinen bio-psycho-sozialen Genese epidemiologisch ebenso häufig biografisch möglich und begründbar wie völlig unverbindlich und beliebig auftretend. Es ist in seiner Krankheitsentität viel zu ungenau beschrieben ["Takotsubo syndrome (TTS) is typically provoked by negative stressors such as grief, anger, or fear leading to the popular term ‚broken heart syndrome‘ "], European Heart Journal 2016, online 2. März.
PS:
Das Takotsubo-Kardiomyopathie (TTC) Syndrom wurde unter dem Titel "Happy heart syndrome: role of positive emotional stress in takotsubo syndrome" von J.R. Ghadri et al. https://academic.oup.com/eurheartj/article/37/37/2823/2469928/Happy-heart-syndrome-role-of-positive-emotional beschrieben. Vgl. dazu
http://news.doccheck.com/de/blog/post/3630-takotsubo-syndrome-happy-heart-broken-heart-oder-happy-deppie/