Eine nicht-invasive Beatmung (NIV) ist indiziert zum Ausgleich einer alveolären Hypoventilation. Sie zeigt positive Sofort- und Langzeit-Effekte bei verschiedenen Erkrankungen der Atempumpe. Trotz ihrer Vorteile stellt die NIV für Patienten meist eine erhebliche Herausforderung an die Bewältigungsstrategien dar.
Die NIV-Einleitung kann in unterschiedlichen Situationen erfolgen:
Die NIV-Einleitung bei akuter respiratorischer Insuffizienz vermeidet zwar oft eine Intubation und bietet damit erhebliche Überlebensvorteile. Dennoch wird sie von vielen Patienten als Belastung wahrgenommen.
Eine Studie aus Neuseeland konzentriert sich auf Patientenerfahrungen mit NIV bei respiratorischem Versagen (ARI) durch eine exazerbierte COPD (AECOPD).
Studiendesign
Patienten nach NIV wegen ARI wurden nach Stabilisierung vor ihrer Krankenhaus-Entlassung über eine mögliche Befragung informiert. Zwei Wochen nach der Krankenhaus-Entlassung wurde ein halbstrukturiertes Interview geführt. Es umfaßte Fragen zu Krankheits-Wahrnehmung und Lebensqualität.
Da sich im 1. Interview die spezielle Bedeutung der NIV-Erfahrung abzeichnete, wurde in den folgenden Interviews eine offene Frage zur NIV-Erfahrung eingeschlossen.
Insgesamt nahmen 15 Patienten mit schwerer oder sehr schwerer COPD an dieser qualitativen Studie teil.
Ergebnisse
Die Datenanalyse im Sinne der Grounded Theory (nach Strauss A et Corbin J) identifizierte 4 Themen im Zusammenhang mit NIV-Wahrnehmung und NIV-Erfahrung:
1. Unbehagen durch NIV
2. Kognitive Erfahrungen unter NIV
3. NIV als "Lebens-Retterin"
4. Besorgnis um andere (Angehörige und Fachkräfte)
zu 1. Unbehagen durch NIV
Unbehagen wurde vor allem durch die Maske selbst hervorgerufen. Enge- und Erstickungsgefühl, Klaustrophobie und Kontrollverlust erschwerten die Entspannung während der Anwendung. Die Gewöhnung an den Luftdruck und die Synchronisation mit der Beatmungsmaschine erzeugten Atemnot- und Angstgefühle. Auch die schmerzhaften Blutgasanalysen wurden gefürchtet.
zu 2. Kognitive Erfahrungen unter NIV
Diese umfaßten das Gefühl der Todesnähe, Amnesien und Halluzinationen.
zu 3. NIV als "Lebens-Retterin"
Zwei Aspekte charakterisieren die Schilderungen der NIV als "Lebens-Retterin":
Bei den Anpassungsstrategien überwogen:
Ein erstaunlicher Befund verdient Beachtung: Entscheidungen über den zukünftigen Einsatz einr NIV als "Lebens-Retterin" wurden von den meisten Patienten an die medizinischen Fachkräfte delegiert.
zu 4. Besorgnis um andere
Die Patienten bemerkten den Einfluß der NIV auf ihre Umgebung und äußerten Besorgnis sowohl um ihre Famiien wie auch um die medizinischen Fachkräfte. Im Hinblick auf die Familie überwogen innere Konflikte zwischen dem Wunsch nach eigenem Überleben und der Sorge vor Belastung der Angehörigen. Patienten äußerten Schuld und Bedauern gegenüber ihren Angehörigen, sowie Scham und Verlegenheit wegen heftiger Gefühle von Streß und Panik gegenüber dem medizinischen Personal.
Fazit
Das häufig geäußerte, vielfältig begründete Unbehagen der Patienten sollte bei der NIV-Einleitung berücksichtigt werden.
Die signifikanten kognitiven Veränderungen bei NIV-Einleitung verdienen mehr Beachtung. Sie haben mehrere Auswirkungen:
Implikationen für die Praxis
Weitere Studien zu Patienten-Erfahrungen bei NIV-Einleitung und die Berücksichtigung der gewonnen Erkenntnisse im Klinikalltag sind wünschenswert. Denn NIV-Einleitung bei akuter respiratorischer Insuffizienz ist eine Herausforderung für alle Beteiligten: Patienten, Angehörige und NIV-Team.