Über Alternativ-Mediziner wird derzeit wieder viel diskutiert. Ich komme ins Grübeln: Warum sollte es diese alternative Realtität denn nur im Bereich der Medizin geben? Ließe sich das gleiche Prinzip nicht auch auf andere Berufe übertragen? Wie wäre es etwa mit Alternativ-Journalisten?
Am 20.04.2017 brachte der Stern einen Artikel über Heilpraktiker, der weiterhin diskutiert wird. Der Beitrag hatte es sogar bis auf das Titelblatt geschafft. Die Überschrift lautet:
Stern enthüllt: „Gefährliche Heilpraktiker“
Das klingt wirklich spannend. Der Untertitel gibt dann aber schon wieder Anlass zur Sorge: „Worauf Patienten bei der Wahl ihres Alternativ-Mediziners achten müssen.“
Da bin ich jetzt echt auf die Kriterien gespannt, die einen guten Heilpraktiker, pardon, Alternativ-Mediziner auszeichnen. Während ich auf die Auflösung dieser Frage warte, komme ich ins Grübeln.
Was soll denn diese Studiererei?
Haben wir uns vielleicht zu sehr von der Vorstellung einlullen lassen, dass ein gründliches mehrjähriges Studium mit schwierigen Zwischen- und Abschlussprüfungen und einer sich daran anschließenden jahrelangen Phase praktischer Erfahrungen, abgerundet durch eine letzte, nicht minder schwere Prüfung, dass also eine solcherart fundierte Ausbildung etwas mit der Befähigung zum Arztberuf zu tun haben könnte?
Was soll denn diese Studiererei? Warum reicht denn nicht ein Mindestalter von 25 Jahren, eine Bestätigung über die „sittliche Eignung“ und eine Prüfung, die belegt, dass keine Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass durch den Anwender der heilpraktischen Methoden Schäden an der Gesundheit des Patienten hervorgerufen werden?
Und mal etwas weiter gedacht: Sind nicht zu viele Berufe nur scheinbar alternativlos?
Für mehr Alternativ-Berufe
Mir fallen zwangsläufig einige Alternativ-Berufe und die dazu gehörigen Qualifikationen ein:
Sogenannte Fakten verkomplizieren das Leben
Die Liste ließe sich sicherlich noch lange fortsetzen. Sicher ist jetzt aber schon eins: Eine Karriere in einem Alternativ-Beruf hat echt was Verlockendes. Man spart sich Zeit und Nerven. Man kann „von innen heraus“ und ganz nach Gefühl agieren, statt sich an sogenannten Fakten orientieren zu müssen.
In den Augen der Befürworter alternativer Realitäten stören nur die lästigen, arroganten, von der Pharma-Industrie oder sonst wem bestochenen Mainstream-Vollpfosten, die darauf beharren, dass verantwortungsvolles Handeln im Beruf auf einer fundierten Ausbildung basiert. All diese Schulmediziner, Schularchitekten, Schulanwälte, Schulchemiker, Schulphysiker, Schulmathematiker ...
„Aber“, so sagen sich vielleicht viele derer, die alternative Welten erschaffen möchten, „die kriegen wir auch noch klein. Und wenn wir erst die Wissenschaft geknackt haben, dann steht uns doch eigentlich auch alles andere offen, oder nicht?“
Peter Teuschel
Zuerst veröffentlicht auf Schräglage.