In Deutschland unterscheiden sich die Kosten für stationäre Altenpflege regional sehr stark. In fast der Hälfte der Städte reicht das durchschnittliche Einkommen der Senioren über 80 Jahre nicht, um professionelle Versorgung in Anspruch zu nehmen.
Wie wird vor Ort gepflegt: durch Angehörige, ambulante Dienste oder stationär? Wie ist die Erreichbarkeit der stationären Pflegeeinrichtungen? Wie wird die Qualität der Pflege in der Region bewertet? Welche Leistung bekommt man für sein Geld? Diese Fragen werden im aktuellen Pflegeinfrastruktur-Bericht aufgegriffen, der im Auftrag der Bertelsmann Stiftung durchgeführt wurde.
In puncto Pflegekosten ist ein deutliches Gefälle erkennbar: Im Nordosten müssen sich Senioren weniger um die Finanzierung eines Pflegeheimplatzes sorgen als im Südwesten Deutschlands. In den Kreisen von Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, dem Saarland und Baden-Württemberg sowie in den Stadtstaaten übersteigen die Pflegekosten das durchschnittliche Jahreseinkommen der über 80-Jährigen zum Teil deutlich.
Bundesweit reicht in 44 Prozent der Kreise das Durchschnittseinkommen der alten Menschen rechnerisch nur für maximal elf Monate stationärer Pflege. In einem Viertel der Kreise liegt die durchschnittliche Kaufkraft sogar so niedrig, dass die über 80-Jährigen nur maximal zehn Monate stationäre Pflege pro Jahr finanzieren können. Die Folge: 2013 mussten bundesweit 41 Prozent der Pflegebedürftigen zusätzlich Sozialhilfe beantragen. "Ob Pflegebedürftige durch Angehörige, einen ambulanten Dienst oder im Heim versorgt werden, hängt auch vom Einkommen der Pflegebedürftigen ab", sagt Brigitte Mohn, Vorstand der Bertelsmann Stiftung. Die aktuelle Studie zeigt einen Zusammenhang zwischen geringerer Kaufkraft der über 80-Jährigen und einem überproportionalen Anteil von Angehörigenpflege. In den ostdeutschen Bundesländern, Schleswig-Holstein und weiten Teilen Niedersachsens ist die durchschnittliche Kaufkraft der Senioren mehr als ausreichend, um die stationären Pflegekosten zu tragen. In einem Fünftel der Kreise könnten sie sich theoretisch sogar 13 Monate Pflege und mehr pro Jahr leisten.
Ein Grund für das Gefälle zwischen Nordost und Südwest sind die Unterschiede bei der Bezahlung der Altenpflegekräfte. Die Bruttoentgelte lagen 2013 zwischen 1.714 Euro und 3.192 Euro im Monat. Die im Norden und Osten Deutschlands günstige Bilanz zwischen Kaufkraft und Pflegekosten geht somit zu Lasten der Fachkräfte. Sie werden hier deutlich schlechter bezahlt als im Westen und Süden, wo das Einkommen der Pflegekräfte fast doppelt so hoch ist. Neben den Tarifpartnern, die für eine angemessene und verbindliche Bezahlung sorgen müssen, ist auch die Politik gefragt. Denn: „Noch fehlt eine Lösung, wie sich die Leistungen der Pflegeversicherung so weiterentwickeln lassen, dass Altenpflegekräfte leistungsgerecht bezahlt werden, ohne die Pflegebedürftigen und ihre Angehörigen finanziell zu überfordern“, so Stefan Etgeton, Gesundheitsexperte der Bertelsmann Stiftung.
Die Datenlage ist an dieser Stelle allerdings unzureichend und lückenhaft. So stehen Informationen über Pflegeberatung, niedrigschwellige Angebote, Tages- oder Kurzzeitpflege nicht zur Verfügung, weshalb diese Themenbereiche in der Studie nicht betrachtet werden konnten. Der Report Pflegeinfrastruktur bildet regionale Unterschiede zu ausgewählten Aspekten der pflegerischen Versorgung ab.