Eine Innovation zum Wohle der Menschen – so nennt DocMorris-Chef Olaf Heinrich den Video-Abgabe-Automaten, der jetzt in Hüffenhardt steht. Warum sich Apotheker und PTA über diesen von Nächstenliebe bestimmten Service beschweren, ist ein einziges Rätsel.
Die frohe Botschaft der letzten Woche erreichte mich via WhatsApp: Hüffenhardt hat eröffnet. Was das bedeutet? DoMo hatte gegen geltendes Recht (wieder mal!) einen Video-Abgabe-Automaten eröffnet. Ganz ohne Apotheker und PTA wurden hier die Patienten von „Welcome-Managerinnen“ empfangen, die bei der Bedienung des Videoterminals behilflich sind. Eingelesen wurden die Rezepte von einem Scanner, und in den Niederlanden stand ein Apotheker bereit, der dann dem Automaten die Erlaubnis erteilte, das entsprechende Medikament freizugeben.
Was das Regierungspräsidium sagt
Was geschieht aber dort mit Rezepturen? T-Rezepten? Der Pille danach ohne Rezept? BTM-Rezepten? Hilfsmittelrezepten? Inkontinenzversorgung? DoMo pickte sich wieder mal die Rosinen raus, das kennt man ja. Behördlicherseits wurde Verwunderung geäußert, die Sprecherin des Regierungspräsidiums in Karlsruhe teilte folgendes: „Wir haben von DocMorris bisher eine Anzeige auf Lagerung von Medikamenten erhalten – mehr nicht. Wir werden uns in den kommenden Tagen einen Eindruck vor Ort verschaffen, um das zu beurteilen und gegebenenfalls weitere Maßnahmen zu ergreifen. Wenn nicht nur gelagert, sondern auch abgegeben wird, müssten wir das erneut prüfen, ob das den Vorschriften entspricht. Gegen eine Lagerung ist jedenfalls nichts einzuwenden. Ein Abgabeterminal müsste aber auf jeden Fall angezeigt werden und geprüft werden, ob es genehmigungspflichtig ist. Da liegt uns aber nichts vor.“
Warum dürfen die das?
Die Mühlen der Präsidien haben dann schneller gemahlen als gedacht: 48 Stunden später war wieder Schicht im Schacht und wir waren erst mal erleichtert. Doch der Kampf um den Automaten ist noch nicht beendet! Wir dachten, die Funkstille währt eine kleine Weile, doch die ist schon wieder vorbei, denn in Hüffenhardt wird bereits wieder fröhlich abverkauft – nur eben ausschließlich apothekenpflichtiges, Rezepte werden nicht mehr beliefert. Doch warum dürfen sie das überhaupt? Die Firma hat vor Gericht Klage gegen die Schließung eingereicht, und dieser Schritt reiche aus, dass, bis das Gericht entschieden hat wie es weitergeht, OTC-Produkte abgegeben werden dürfen.
Goldgrube Hüffenhardt
Sind „apothekenpflichtige Waren“ nicht vom Wortsinn her schon an den Verkauf IN EINER APOTHEKE gebunden? Ich verstehe nicht, warum man so entscheiden kann! Man fragt sich außerdem unwillkürlich, ob sich das in diesem Dörfchen lohnen wird. Aber DoMo geht es ja nicht um dieses Dorf. Sie wollten nur irgendwo einen Fuß in die Türe bekommen, einen Präzedenzfall schaffen. Die meisten Journalisten fallen indes auf das Gutmenschtheater von Herrn Olaf Heinrich herein, der wie der Wolf, der Kreide gefressen hat, wie folgt jammerte: „Es ist vollkommen unverständlich, dass Gerichte über Innovationen entscheiden müssen, die zum Wohle der Menschen sind.“
Alle kämpfen um ein Dorf
„Zum Wohle der Menschen“, aha. Die Laienpresse fragt auch gleich besorgt: „Hat das Regierungspräsidium richtig gehandelt?“ Auch die Rezeptsammelstelle wird ständig als „Briefkasten“ betitelt, was irgendwie impliziert, dass die Leerung einmal am Tag stattfindet, und sich frühestens am nächsten Tag um die Rezepte gekümmert wird. Jedenfalls lesen sich viele der Leserkommentare so: DoMo hat ganze Arbeit geleistet.
Jetzt wird dermaßen um Hüffenhardt gekämpft, dass ich – wäre ich Apotheker und hätte ein wenig Geld im Rücken – dort eine Filiale eröffnen würde. Spätestens dann wäre der ganze Spuk vorbei, und Herr Heinrich könnte nicht mehr behaupten, er würde zum „Wohle der Menschen“ dort diesen unseligen Automaten aufstellen.