Typisch Samstag: Kaum Kunden, aber die, die etwas von uns wollten, hatten es in sich. Besonders nervig war die Anspruchshaltung dreier Kunden, die uns sogar nur anriefen. Und verlangten, dass wir bitteschön hellsehen oder uns wenigstens strafbar machen. Schließlich ist der Kunde König.
Die eine hatte Lea am Telefon. Sie wollte etwas für ihren Mann bestellen, der bei uns keine Kundenkarte hat. Dann war sie sich bei dem Medikament nicht ganz sicher welche Stärke es denn hat und von welcher Firma es hergestellt wird. Hatte aber die „Packung vor dem inneren Auge stehen“. Dann wollte sie es auch noch jetzt gleich abholen – natürlich ohne Rezept. Lea versuchte ihr freundlich zu erklären, dass wir das nicht tun dürfen, da wir uns damit strafbar machen.
„Papperlapapp! Das werden wir doch mal sehen! Ich will den Chef sprechen!“ „Der hat heute frei. Ich kann Ihnen aber die verantwortliche Apothekerin holen.“ „Tun sie das.“ Birgit übernahm das Telefon und machte der Dame höflich aber unmissverständlich klar, dass sie ihr das Medikament nicht aushändigt. Lea freute sich darüber dermaßen, dass ich sie verwundert anschaute. „Weißt du... In der Apotheke, in der ich vorher gearbeitet habe, war es leider oft so, dass ich bei sowas die Abgabe verweigert habe. Und der Apotheker hat es dann doch gemacht. Dann stand ich natürlich vor den Kunden immer als die Böse da. Toll, dass das hier anders ist!“
Hellseherische Fähigkeiten verlangt
Währenddessen war die Telefonkundin stinkig. Birgit machte sie darauf aufmerksam, dass im Ort eine Ärztin Samstags bis 12.30Uhr in der Praxis sei, das war der Dame aber zu umständlich. „Am Montag rufe ich wieder hier an und spreche mit ihrem Chef, nur dass sie es wissen! Der soll das ein für alle Mal klar machen, dass ich hier immer alles bekomme was ich will!“ Soll sie ruhig machen – auch hier stehen die Chancen schlecht, dass der Chef uns in den Rücken fällt. Tolles Team, ich sag es ja immer wieder!
Der nächste Telefonanruf war ähnlich nett. „Wieso ist denn gestern Abend niemand gekommen, um mir meine Medikamente zu bringen? Ich habe gewartet!“ Die Kundin hatte uns in der Mittagspause ein Rezept in den Briefkasten geworfen. Und weder einen Zettel dazu geheftet, dass es gebracht werden soll noch angerufen, um es uns mitzuteilen. Hellsehen können wir leider nicht, aber hauptsache rumgemosert haben.
Gipfel der Anspruchshaltung
Die Krone aufgesetzt hat dem Ganzen die dritte Telefonkundin, die ich dann an der Strippe hatte. „Haben Sie die 6er Packung Bel**a (Pille) am Lager?“. „Ja, die ist vorrätig.“ „Toll, ich brauche die nämlich dringend noch dieses Wochenende!“ „Ich leg sie Ihnen dann gerne auf die Seite. Haben Sie ein Kundenkonto bei uns? Dann vermerke ich Ihren Namen gleich auf dem Kassenbon.“ „Nein, ein Konto habe ich nicht... Wäre es auch möglich mir die Packung zu bringen?“ „Das kann ich machen. Die Packung kostet xx Euro – wenn Sie den Betrag dann gleich bereithalten würden?“ „Ääääh... ich bin gerade nicht Zuhause. Können Sie mir die Bel**a vielleicht in den Briefkasten werfen?“ „Und das Rezept?“ „Das liegt auch noch beim Arzt.“
Ich fasse zusammen: Eine mir völlig unbekannte Frau möchte ein verschreibungspflichtiges Medikament ohne Rezept und ohne Bezahlung von mir haben und ich soll es auch noch zu ihr fahren. Das ist so ziemlich der Gipfel der Anspruchshaltung, oder? Ich muss es wirklich betonen: Das lief ganz genau so ab! Schlimmer wäre nur noch gewesen, wenn ich unterwegs noch für sie hätte einkaufen gehen sollen. Unnötig zu erwähnen, dass die Pille im Automaten liegen blieb. Samstagskunden sind wirklich etwas Besonderes...