Der Arbeitstag geht in die zweite Runde und natürlich sind die Termine des Tages schon lange vergeben: Die langfristigen, die Sieben- und Vierzehntage- und die Notfalltermine!
Klar, zwischendurch Nasenbluter, Kinder mit Fieber und Schmerzen, Entlassene aus Krankenhäusern, akute Schwindler. Ja, bei Ihrem anderen Kind sehe ich auch noch in die Ohren, auch ohne Termin. Ich stelle mich doch nicht an!
Als ich dann kurz mal nach vorne komme, um einen Ordner zu holen, wundere ich mich über die Schlange vor der Aufnahme und den hochroten Kopf unserer ersten Kraft am Telefon, die sich sichtlich um einen freundlichen verbindlichen Ton am Telefon bemüht. Es scheint schwierig zu sein, sofern ich die Wortfetzen richtig interpretiere.
Pünktlich Feierabend wird wohl nichts
Kurze Zeit später erklärt mein Empfangsprofi mir, warum ich am Ende der Notfallsprechstunde noch „nachsitzen“ darf. Die Mutter eines fiebernden Kindes habe heute schon zum dritten Mal angerufen. Am Vormittag habe sie auch zwei Termine kurzfristig anbieten können, die aber nicht akzeptiert wurden. Die Mutter sagte, sie habe ja schließlich selber auch ein durchgeplanten Tag und wolle nun ihren Wunschtermin, den wir wiederum nicht erfüllen konnten.
Nein, der Kinderarzt sei keine Option bei diesem dreijährigen Kind. Als Krankenschwester an der Universitätsklinik könne sie das beurteilen. Bei Ohrenschmerzen kämen nur wir in Frage. Meine Motivation für diesen späten Patientenkontakt schöpfe ich dann aus der Tatsache, dass ich das arme Kind nicht unter dieser „unglücklichen Lage“ leiden lassen möchte.
Wie die Geschichte ausgeht? Die Mutter kommt zu dem angehängten Termin 20 Minuten zu spät, ist dann aber im Sprechzimmer ausgesprochen freundlich. Warum sie allerdings so dringend zu mir kommen musste, habe ich nicht verstanden.
Lieber noch mal auf Nummer sicher gehen
Immerhin war das Kind zwei Tage zuvor in der Kinderklinik gewesen, gestern beim Kinderarzt. Die Mittelohrentzündung war fachgerecht behandelt worden und vor allem: Oh, Wunder, das Fieber war auch schon seit gestern verschwunden, ohne Fiebersaft seit heute. Keine Schmerzen mehr.
Auf meine Frage, was die Mutter nun von mir erwarte würde, dem Kind ginge es doch deutlich besser, erhalte ich verständnislose Blicke. Man müsse doch als Mutter auf Nummer sicher gehen, dass alles für das Kind getan würde. Nach Behandlung in der Notaufnahme und beim Kinderarzt und, nicht ganz unwichtig aus meiner Sicht, einem beinahe wieder genesenen Kind kann ich diese kinderärztlich- fachgerechte Behandlung auch HNO-fachärztlich bestätigen.
Ach ja. Weil ich dann zu spät nach Hause komme, verpasst meine Frau den ersten Teil des Elternabends. Die Geschichte hinter meiner Verspätung führt dann bei ihr zu einem Schmunzeln, übrigens auch Krankenschwester, aber nie an einer Universitätsklinik.