Die Notaufnahmen der Krankenhäuser werden immer häufiger von Patienten aufgesucht, die sich eher in Arztpraxen vorstellen sollten, also keine objektiven Notfälle sind.
Die Diskussion zum Thema der Dringlichkeit einer ärztlichen Behandlung wird rasch emotional geführt. Wie wird der medizinische Notfall definiert und wo ist man mit welchen Beschwerden in unserem Gesundheitssystem richtig aufgehoben?
Wirklich ein Notfall?
Wie oft steht in unserer HNO-Praxis ein jemand, der das Gefühl hat, ein Notfallpatient zu sein und sofort angesehen werden will? Und welche dieser Notfälle gibt es in der HNO-Heilkunde, die einer sofortigen Behandlung bedürfen?
Akute Blutungen, Atemnot, Schmerzen bei Babys und Kleinkindern oder ähnliches sind sicherlich eindeutige Beispiele. Seit zwei Tagen abends Halskratzen, letzte Nacht schlimme Luftnot (aber nur rechte Nase), Heiserkeit im Rahmen eines Infektes seit gestern etc. sind sicherlich keine Notfälle. Letzteres kommt aber täglich vor. Über einige Grenzfälle kann man sicherlich intensiv streiten.
Kommentar von Dr. Gassen, KBV
In der gestrigen Videomeldung verteidigt der KBV-Vorsitzende Dr. Andreas Gassen die Neueinführung der seit dem 1. April geltenden Abklärungspauschale der Notaufnahmen in Krankenhäuser.
Unter anderem steht dort:
„Zunehmend nehmen Patienten den ärztlichen Bereitschaftsdienst oder den Notfalldienst an Krankenhäusern in Anspruch, obwohl sie keine dringende Behandlung benötigen. Für solche Fälle können Bereitschaftsdienst- und Notfallärzte seit 1. April die Abklärungspauschale abrechnen, wenn sie die Patienten an einen niedergelassenen Arzt weiterleiten.
Der ergänzte erweiterte Bewertungsausschuss hatte die Abklärungspauschale Ende des vorigen Jahres beschlossen und als neue Leistung in den Einheitlichen Bewertungsmaßstab aufgenommen. Die Pauschale beträgt tagsüber 4,74 Euro sowie nachts, am Wochenende und an Feiertagen 8,42 Euro.
Neu seit 1. April sind außerdem zwei verschiedene Schweregradzuschläge im Notfall- und Bereitschaftsdienst. Sie werden als Zuschläge zu den Notfallpauschalen (GOP 01210 und 01212) für Fälle mit erhöhtem Behandlungsaufwand gezahlt.“
Das ist die Antwort auf die Probleme?
Aus meiner Sicht bleibt nun abzuwarten, wie sich diese neue Regulierung in der Praxis durchsetzen wird.
Mir gehen nach diesem Artikel folgende Fragen durch den Kopf:
Ich persönlich kann mich nicht erinnern, in meiner Jugend wegen kleinster Beschwerden immer gleich zum Arzt, schon gar nicht in eine Notaufnahme, gerannt zu sein. Ich komme übrigens nicht aus einem Mediziner-Haushalt.
Stichwort Versicherung
Wie soll man eigentlich eine Krankenversicherung verstehen? Als All-inclusive-Flatrate für sämtliche Leistungen im Medizinsektor? Zu jeder Zeit und überall? Ein Kommentator meinte ja schon, die Arztpraxen sollten sich den Öffnungszeiten der Supermärkte anpassen. Geht’s noch?
„Ich will jetzt sofort drankommen, ich zahle seit Jahren so hohe Beiträge, da habe ich Anspruch drauf!“ – wie reagiert man, wenn jemand so argumentiert?
Was Wikipedia dazu sagt:
Versicherung (Kollektiv)
Die Versicherung (veraltet Assekuranz) wird das Grundprinzip der kollektiven Risikoübernahme (Versicherungsprinzip oder Äquivalenzprinzip) bezeichnet: Viele zahlen eine Geldbetrag (= Versicherungsbeitrag) in die Kapitalsammelstelle Versicherer ein, um beim Eintreten eines entsprechenden Schadens, dem Versicherungsfall, aus der Kapitalsammelstelle einen Schadenausgleich zu erhalten. Da der Versicherungsfall nur bei wenigen Versicherten eintreten wird, reicht das Vermögen der Kapitalsammelstelle bei bezahlbarem Beitrag aus. Voraussetzung ist, dass der Umfang der Schäden statistisch abschätzbar ist und demnach mit versicherungsmathematischen Methoden der von jedem Mitglied des Kollektivs benötigte Beitrag bestimmbar ist.
Natürlich macht diese (Kranken-) Versicherung Sinn im Falle eines Unfalls, einer Operation oder Tumorbehandlung – aber bei Schnupfen?
Provokante These:
Warum findet es die Politik eigentlich nicht so schlimm, dass die Last auf die niedergelassenen Ärzte übertragen wird, die Krankenhäuser aber mit der Ablehnung Geld verdienen? Hat das etwas mit dem Bugdet zu tun? Mehr Leistung, aber nicht mehr Geld für die Praxen? Ein Schelm, der so etwas denkt!
Eine Diskussion über eine Pauschale wäre spannend. Dann aber nicht 10 € pro Quartal und dann Freifahrtschein mit Überweisungen zu allen weiteren Ärzten, sondern pro Arzt-Besuch 35 €. Höchstgrenze pro Jahr 420 €. Für jeden! Andere Konzepte sind nur langfristig sinnvoll.
Oder die Patienten treten wie die PKV-Patienten in Vorleistung und zahlen mal ihre Arztbesuche bei anschließender Erstattung, um sich der entstandenen Kosten bewusst zu werden. Aber dann rennen die Ärzte dem Honorar hinterher.
Nur Ideen! Ihre Meinung dazu?